OB der Nazi-Zeit bleibt Namensgeber: Mehrheit im Gemeinderat für „Franz-Konrad-Straße“
Klare Mehrheit im Gemeinderat gegen eine Umbenennung: Die Franz-Konrad-Straße auf dem Rehnenhof wird ihren Namen behalten.
Schwäbisch Gmünd. Die Franz-Konrad-Straße auf dem Rehnenhof wird weiter den Namen des Mannes tragen, der von 1934 bis 1945 Gmünds Oberbürgermeister war. Der Gemeinderat hat sich am Mittwoch mehrheitlich gegen die Umbenennung der Straße ausgesprochen; das hatten die SPD-Fraktion und die Fraktion der Linken in einem Antrag zur Abstimmung gestellt. 27 Stadträtinnen und -räte sprachen sich gegen eine Änderung aus, 19 waren für die Umbenennung, zwei enthielten sich der Stimme.
Damit folgt die Mehrheit im Gemeinderat der Linie, die es schon 2015 gab, auch damals war eine Umbenennung abgelehnt worden. Die Befürworter der Namensstreichung hatten argumentiert, dass Konrad als Amtsträger, der nationalsozialistische Politik umgesetzt hat, nicht mehr durch einen Straßennamen geehrt werden sollte. Als Folge der Diskussion wurde 2016 in der Straße eine Informations- und Erinnerungsstele aufgestellt, die Konrads Rolle in Gmünd differenziert beleuchten sollte.
Bei der fast eineinhalbstündigen Diskussion im Gemeinderat trafen noch einmal die zwei Gegenpositionen aufeinander, die knapp zwei Wochen zuvor im Ortschaftsrat Rehnenhof/Wetzgau deutlich geworden waren. Uwe Beck von der SPD fasste es in eine rhetorische Frage: „Wollen wir als Bürgerinnen und Bürger von Schwäbisch Gmünd in einer Stadt leben, in der ein Nazi-Oberbürgermeister weiterhin mit einem Straßennamen geehrt wird?“ Franz Konrad sei kein Mörder gewesen, „er war kein Mörder, er war aber ein wichtiger Teil im mörderischen System der Nationalsozialisten“.
Auch Alexander Relea-Linder von der Linke-Fraktion argumentierte pro Namensänderung: „In der SA, der Kampforganisation von Adolf Hitler, war unserer früherer OB stolzes Mitglied. Es ist historisch belegt, dass er zu allem geschwiegen hat.“ Relea-Linder zitierte Aussagen Konrads aus Protokollen des Gemeinderats: „unverbrüchliche Treue gegenüber dem Führer“ (1937) und „Wir wollen fanatisch den Sieg Deutschlands“ (1944).
Auch Gabriel Baum von den Grünen argumentierte für eine Änderung des Straßennamens: „Alle historischen Argumente für eine Umbenennung liegen vor.“ Wie Beck und Relea-Linder äußerte Baum auch Verständnis für die von einer Umbenennung betroffenen Anwohnern: „Es ist eine Last, die wir den Bewohnerinnen und Bewohnern auferlegen. Logischerweise müssen wir auch als Stadtgesellschaft die Last mittragen.“
„Kein persönliches Verbrechen“
Alfred Baumhauer nannte für die CDU-Fraktion seine Argumente gegen eine Umbenennung: „Dem Erinnern wird durch das Entfernen von Straßennamen nicht gedient.“ Es sei keine Frage, dass Konrad als Vertreter des NS-Regimes seine Arbeit gemacht habe. „Aber ein persönliches Verbrechen hat er nicht begangen. Er war einer von vielen, er hat sich im System eingereiht, er hat keinen Widerstand geleistet.“ Außerdem gelte es das Votum des Ortschaftsrats Rehnenhof/Wetzgau zu berücksichtigen, dort hatte sich eine Mehrheit von sechs zu eins gegen die Umbenennung ausgesprochen.
Karin Rauscher (Freie Wähler Frauen) argumentierte ähnlich: „Erinnerung muss wachgehalten werden, das kann nicht in der Umbenennung eines Straßennamens bestehen. Der eingeschlagene Weg der Erinnerungskultur ist ein guter Weg der Aufarbeitung.“ Die Stele sei „ein Zeugnis gegen das Vergessen“.
Peter Vatheuer (FDP/FW) mahnte, man müssen Konrad „in seinem historischen Kontext“ sehen: „Man wird den historischen Personen nicht gerecht, wenn man sie aus dem historischen Kontext herausnimmt und an den Wertvorstellungen unserer heutigen Zeit misst.“ Auch ein SPD-Bundeskanzler habe als Soldat „einen Eid auf den Führer geschworen, das war Teil dieser Zeit“. Der entscheidende Punkt bei Konrad sei: „Hat er sich persönlich etwas zuschulden kommen lassen?“ Und da gebe es nun „sehr gute Vorarbeit von unserer Stadthistorikern“: „Er war kein glühender Nazi, er war ein Verwaltungsbeamter. Er hat keine Schuld auf sich geladen.“
Auch Ullrich Dombrowski (Bürgerliste) sprach sich gegen die Umbenennung aus: „Ein Löschen oder Übertünchen des Namens kann nicht als Aufarbeitung unseres geschichtlichen Bewusstseins genommen werden.“
Brigitte Abele (Bürgerliste) begründete ihre abweichende Meinung mit einem biographischen Verweis auf ihren Großvater, der in der Nazi-Zeit Repressionen ausgesetzt war. „Mein Opa würde sich im Grabe umdrehen, wenn ich für den Namen stimmen würde.“
Copyright Gmünder Tagespost, 22.12.2022