Ein Wahlzettel wie ein Tischtuch
Im Schwäbisch Gmünder Verwaltungsausschuss hat es sich am Mittwochabend abgezeichnet: Die unechte Teilortswahl wird aller Wahrscheinlichkeit nach abgeschafft. Damit soll die Kommunalwahl rechtssicher werden. Und für die Bürgerinnen und Bürger einfacher.
SCHWÄBISCH GMÜND. Wahlen sind eine komplizierte Angelegenheit. Besonders, wenn es um die unechte Teilortswahl geht. Sie soll sicherstellen, dass alle Teilorte einer Gemeinde garantiert im Gemeinderat vertreten sind, abhängig von ihrem Anteil an der Bevölkerung. Was sich als Zusammenfassung einfach liest, ist technisch schwierig und rechtlich heikel. Wie sehr, sieht man in Tauberbischofsheim. Dort musste die Kommunalwahl nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wiederholt werden. Diese Fallstricke will die Schwäbisch Gmünder Stadtverwaltung umgehen.
Denn ein rechtliches Risiko bestehe auch hier, wie es in einer Sitzungsvorlage heißt, mit der sich der Verwaltungsausschuss beschäftigt hat. Und nach den Wortmeldungen der Fraktionen sieht es
danach aus, dass die unechte Teilortswahl tatsächlich abgeschafft wird. „Sechs Ortschaftsräte haben der Abschaffung zugestimmt, vier haben abgelehnt, und Degenfeld wünschte sich für die Ortsteile, die nicht mehr im Gemeinderat vertreten sind, eine Fragestunde“, berichtete Hauptamtsleiter Helmut Ott im Verwaltungsausschuss, in dem die Fraktionen ein Stimmungsbild für die Gemeinderatssitzung am Mai abgaben, wo final über die Abschaffung entschieden wird.
„Ein schwieriges Thema“, kommentierte CDU-Fraktionschef Alfred Baumhauer, der es mit einigen solcher Anträge zu tun hatte. Was hat sich verändert? Die rechtliche Einordnung. Und das Wir-Gefühl. „Die Stadt ist zusammengewachsen über die Staufersaga und die Landesgartenschauen.“ Dennoch gebe es in seiner Fraktion Befürworter der unechten Teilortswahl, da es passieren könne, dass ein Teilort nicht mehr im Hauptorgan vertreten ist. Andererseits könne ein Kandidat, oder eine Kandidatin mehr Stimmen als zuvor erhalten. Die CDU werde somit unterschiedlich abstimmen. Inhaltlich argumentierte Gabriel Baum (Grüne) wie sein Vorredner. „Ich denke, dass die Integration der Ortschaften kein Problem ist“, so der Fraktionsvorsitzende. Gmünd gehöre für ihn schon immer zusammen. Zudem sei das seitherige Wahlprozedere fehleranfällig. Der Stimmzettel ist ziemlich unübersichtlich, die komplizierte Stimmvergabe trägt ihr Übriges dazu bei. Die Folge: viele
ungültige Stimmen, viele ungenutzte Stimmen. Ohne unechte Teilortswahl wird die Wahl einfacher. „Ungültige Stimmen im Papierkorb gilt es unbedingt zu vermeiden“, sagte Baum, dem sich SPD-Fraktionschefin Sigrid Heusel anschloss. Identität und Teilhabe seien inzwischen gewachsen, Gemeinsamkeiten und Besonderheiten müsse man nun weiter pflegen und leben. „Durch die Abschaffung der unechten Teilortswahl werden die Ortschaften in keiner Weise beschränkt. Für die Gesamtstadt entsteht eine Win-Win-Situation“, meinte sie und kündigte eine mehrheitliche Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion an.
„Was soll ich jetzt noch sagen?“, fragte Alexander Relea-Linder für söl, alle Argumente seien genannt, seine Fraktion werde zustimmen. Denn mit den Teilorten sei ein guter Kompromiss ausgehandelt worden: Mehr Budget, Anhörungsrecht und eine Übergangsfrist für die Größe des Gemeinderats. Ohne unechte Teilortswahl kann auch das Gremium dauerhaft von derzeit mehr als 50 auf 40 Räte verkleinert werden. Um den Einschnitt abzumildern, könnte das Gremium für bis zu zwei Wahlperioden, also zehn Jahre lang auf 48 Stadträte erhöht werden, schlug die Verwaltung vor. „Wir werden für maximal fünf Jahre stimmen“, so Relea-Linder. Auch Grüne, SPD und Karin Rauscher, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Frauen, die im kommenden Gemeinderatsbeschluss eine historische Abstimmung sieht, auch um die Komplexität zu eliminieren, gleiche der Stimmzettel doch seither einem Tischtuch. Brigitte Abele von der Bürgerliste empfand eine Übergangsfrist von zehn Jahren ebenfalls als „arg lang“. CDU-Stadtrat und Herlikofens Ortsvorsteher Thomas Maihöfer vertrat sein eigenes Meinungsbild. „Auch wenn es zur Abschaffung kommen wird, werde ich dagegen stimmen, weil ich nicht nur selbst von der unechten Teilortswahl überzeugt bin, sondern auch dem Meinungsbild meines Ortschaftsrats folgen werde.“ Das Wir Gefühl für die Gesamtstadt sei nicht überall so ausgeprägt, was nicht bedeuten solle, dass man gegen die Stadt, oder die Verwaltung sei. Thomas Krieg (Grüne) interessierte sich dafür, was die acht Stadträte in der Übergangszeit kosten. Oberbürgermeister Richard Arnold konnte es exakt beantworten: „Demokratie ist teuer, oder die Rechnung billig.“
Copyright Rems Zeitung, 19.05,2023, Thorsten Vaas