Ausgleichszahlung oder Freikauf?
Kontroverse Diskussion um Verpflichtung zum Bau bezahlbaren Wohnraums.
Schwäbisch Gmünd. Die städtische Wohnraumoffensive hat mehr als 200 Wohnungen in Bestandsgebäuden auf den Markt gebracht. Dafür wurde die Stadt nun auf Bundesebene ausgezeichnet und auch alle Mitglieder des Bauausschusses lobten am Mittwoch diese Maßnahme. Stark auseinander gingen die Ansichten darüber, inwieweit die Stadt Investoren für größere Wohnbauvorhaben noch verpflichten soll, auch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Im Prinzip hatte der Gemeinderat das so Ende 2020 beschlossen. Doch nun liegt dem Gremium ein Antrag der Verwaltung vor, der Bauherren als Alternative auch die Möglichkeit ermöglichen würde, einen Ausgleichsbetrag in einen Fonds „Bezahlbarer Wohnraum“ zu zahlen, aus dem wiederum der Bau bezahlbarer Wohnungen gefördert wird. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass der Investor seine Verpflichtung zu bezahlbarem Wohnraum auch in anderen Objekten im Stadtgebiet erfüllen kann.
Oberbürgermeister Richard Arnold begründete den Antrag so: Es kommen immer Menschen nach Gmünd. Gleichzeitig sei der Wohnungsbau aber fast zum Erliegen gekommen. Der Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft VGW, Celestino Piazza, legte dar, in welchem Dilemma Investoren angesichts stark steigender Zinsen und weiterhin hoher Baukosten stecken. Zwar gebe es Förderprogramme für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, doch mit deren Form sei die Schaffung solcher Wohnungen in Gmünd schlicht nicht realisierbar. Piazza prangerte an, dass die Förderung auf Städte mit hohem Mietniveau wie Stuttgart ausgerichtet sei. In Gmünd aber sorgten Einrichtungen wie die VGW oder der Bauverein für ein insgesamt niedrigeres Mietniveau. Um die Voraussetzung für bezahlbaren Wohnraum zu schaffen müssten aber Wohnungen mit einem Mietpreis, der ein Drittel unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, gebaut werden. Das sei fürs Gmünder Niveau praktisch nicht möglich.
Dieser Argumentation folgte auch CDU-Sprecher Martin Bläse. Der Beschlussvorschlag sei das Minimal-Angebot, um Bauherren für bezahlbaren Wohnraum zu interessieren. Zudem könne die Stadt Auflagen, die die Baupreise erhöhen, reduzieren. Ina Neufeld wandte sich im Namen der Grüne-Fraktion gegen Bläses Vorschlag, die Energiestandards zu senken. Mit dem Fonds als Alternative wären die Grünen einverstanden.
Tim-Luka Schwab SPD) nannte den Vorschlag, die Zahlung in einen Fonds als Alternative zu ermöglichen, „Freikauf“. Insgesamt aber sehe die SPD die veränderte Marktlage und diskutiere noch, wie sie sich im Gemeinderat zu dem Vorschlag stelle. Wenn schon „Freikauf“ ermöglicht werden solle, dann müsste wenigstens die dafür fällige Summer erhöht werden, forderte Andreas Benk von der söl-Fraktion. FWF-Stadträtin Constance Schwarzkopf-Streit wiederum stufte den Begriff „Freikauf“ als „Verleumdung“ ein.
Ullrich Dombrowsi (BL) sah in schnelleren Genehmigungsverfahren und nicht überzogenen Auflagen die Möglichkeiten, die die Stadt habe. FDP/FW-Stadtrat Dr. Peter Vatheuer argumentierte, Investoren müssten in beim Bauen in Gmünd auch Geld verdienen können. Die Entscheidung über den Antrag trifft der Gemeinderat.
Copyright Gmünder Tagespost, 22.06.2023