Hilft die „Kärrnerarbeit“ gegen Leerstände in Gmünd?
Erste Erfolge mit Mietzuschüssen und dem „Showroom“ – aber ein Trend, der sich wohl nicht zurückdrehen lässt: Gmünd und seine leerstehenden Ladenflächen.
Schwäbisch Gmünd. 4882 Quadratmeter leerstehende Ladenflächen gibt es aktuell in Gmünd. Die Zahl, erhoben von der Stadtverwaltung, zeigt die Dimension des Problems in der Stadt. Zum Vergleich: Die Summe der Leerstände macht mehr als die Hälfte dessen aus, was die gesamte Remsgalerie (8100 Quadratmeter) an Fläche hat. Inga Adams Job ist es gegenzusteuern: Die Gmünder Leerstandsmanagerin, die Anfang 2023 in ihrem Job gestartet ist, verweist auf erste Erfolge. Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat sie von ihrer Arbeit berichtet. Es sind drei Bausteine, mit denen das Leerstandsmanagement in Gmünd arbeitet:
„Showroom“ in der Bocksgasse:
Zum Ausprobieren von neuen Geschäftsmodellen soll der „Showroom“ in der Bocksgasse dienen, in dem bis vor einem Jahr das Café „Oh mother“ war. Die Stadt hilft, indem sie die Mietkosten bis zu drei Monate lang übernimmt. Initiativen der Hochschule für Gestaltung, Workshops der Handwerkskammer, Outletstores des Lions Clubs waren in den Räumen, aber auch die Karriere-Coachin und Kommunikationstrainerin Isabelle Bünting mit ihrem Unternehmen „Confident You“ sowie die Start Up-Firma „Handmade by Jana“. Inhaberin Jana Marie Link produziert in Handarbeit Kleidungsstücke für Kinder und Accessoires für Erwachsene. Eine Erfolgsgeschichte, findet Inga Adam: „Es ist ein Glücksgriff für Jana Marie Link; wir wollen schauen, wie sie langfristig in einen Leerstand kommen kann.“ Das Konzept „Showroom“ soll noch ausgeweitet werden: „Wir haben so viele Anfragen, dass wir einen zweiten Showroom eröffnen wollen.“
Dabei trifft die Managerin mit ihrem Team auch Entscheidung – mal für, mal gegen Bewerber. „Wir sagen auch nein“, sagt Adam auf Nachfrage von Stadtrat Uwe Beck (SPD). „Wir schauen uns an, haben die Leute einen Businessplan, passt die Branche zur Innenstadt, gibt es noch Bedarf oder ist der Markt gesättigt?“ Ein weiterer Barber-Shop etwa käme nicht infrage. „Wir wollen das Risiko minimieren, dass es nicht funktioniert.“
Zuschüsse für Neu-Mieter:
Die Stadt zahlt 70 Prozent der Miete, der neue Geschäftsinhaber 30 Prozent. Mit diesem Modell der Miet-Subvention will die Verwaltung den Start erleichtern für Einzelhändler und Gastronomen, die neu sind in Gmünd und sich langfristig in der Innenstadt etablieren wollen. Bisher dreimal geschehen: Beim Laden „KraftGestein“ in der Vorderen Schmiedgasse, bei RMS Design in der Bocksgasse und am Marktplatz für den neuen Inhaber des Café Bühr´s. Voraussetzung jeweils: Zuvor muss der Vermieter bereit sein, um 15 Prozent im Vergleich zur bisherigen Miete runterzugehen.
Digitale Vernetzung:
Die Stadt hat die Online-Plattform „Kommunale Immobilienplattform“ (KIP) gestartet, auf der Eigentümer Leerstände anbieten können. Bringt’s das angesichts dessen, dass es große Immobilienplattformen im Netz gibt? „Es ist natürlich in gewisser Weise eine Parallelstruktur; und wir brauchen Multiplikatoren, dass es bekannt wird“, sagt Adam. Aber: „Ich denke, dass man neue Wege gehen muss, um die Innenstadt der Zukunft zu organisieren.“
Flächen umwidmen?
Die leer stehenden 4882 Quadratmeter – im Februar waren es 4792 Quadratmeter Ladenflächen gewesen – werden nicht mal eben gefüllt werden, zumindest nicht mit Geschäften. „Es stellt sich die Frage, ob man nicht darüber nachdenken muss gewissen Umwidmungen vorzunehmen, dass man auch Richtung Wohnen geht“, meint Stadtrat Sebastian Fritz (söl). Ob es da perspektivisch Überlegungen bei der Stadt gebe?, fragt er. „In der Rinderbachergasse etwa beobachten wir, dass viele Eigentümer von sich aus auf uns zukommen“, sagt der OB. Aber die Umnutzung sei nicht einfach: „Es muss auch ins Quartier passen.“
Den Trend entgegenstemmen
Das Leerstandsmanagement bleibt ein schwieriges Geschäft. „Wir versuchen uns, dem entgegenzustemmen, indem wir attraktive Ecken schaffen. Aber der globale Trend ist da, den werden wir nicht aufhalten, die Ketten der 90er Jahre (zum Beispiel Douglas- Red.) werden nach und nach erfasst“, so OB Arnold. „Es ist eine Kärrnerarbeit im Einzelnen“, fügt Markus Herrmann, Geschäftsführer der Touristik&Marketing GmbH. Aber: „Unser Ziel ist es vorauszudenken: was ginge, was ist möglich.“ Das sei am Leerstandsmanagement die Kunst. Richard Arnold: „Wir sind von den ersten zarten Erfolgen erstaunt. Wir sind auf einen Gegentrend gestoßen, aber das muss auch erst wachsen.“
„Der Parlermarkt macht uns Sorgen“
Keinen Fortschritt gibt es beim Versuch, die leerstehenden Flächen im Parlermarkt wieder zu beleben. Eher im Gegenteil: „Der Parlermarkt macht uns echt Sorgen. Dort gab es einen Maklerwechsel – mit dem bisherigen hatten wir gut zusammengearbeitet“, sagt Gmünds Wirtschaftsförderer Alexander Groll. Ernüchternd, was OB Richard Arnold hinzufügt: “Dort sind wir zurück auf Null; wir müssen wieder neu anfangen.“
Copyright Gmünder Tagespost, 15.07.2023