Gmünd hält an Windrädern fest
Aus der heutigen Rems Zeitung: Energiewende: Der Gmünder Gemeinderat hat die Pläne, im Rechberger Buch Windräder zu bauen, mehrheitlich positiv aufgenommen.
SCHWÄBISCH GMÜND. „Wir wussten immer, dass die Windräder nicht unumstritten sein würden, aber die Zeichen stehen gut.“ sagte Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold. Er warb im Rat für das Projekt, zusammen mit Heubach insgesamt acht Windräder im Rechberger Buch
zu bauen. Die Fläche ist als eine der möglichen Vorrangslächen für Windkraft vorgesehen. Heubach will zudem noch sechs Windräder am Utzenberg bauen, diese könnten ebenfalls dazu dienen, in Zukunft das Industriegebiet Aspen und damit auch den dort geplanten Elektrolyseur mit Strom versorgen.
Bereits am Nachmittag hatten Naturschützer das Projekt hart kritisiert (siehe nebenstehender Artikel). Dies nahm Andreas Dionyssiotis (s.ö.l.) zum Anlass, kritisch nachzufragen, wie es um den
Artenschutz bestellt sei. Franz Geberth, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Stadt, erklärte, dass die Ergebnisse der entsprechenden Untersuchungen noch nicht vorlägen. Allerdings gehe man vermehrt vom Individualschutz zum Populationsschutz über. Heißt: Es wird versucht, die Gesamtpopulation im Gleichgewicht zu halten und nicht mehr jedes einzelne Tier zu schützen. Die stellvertretende Verbandsdirektorin Eva-Maria Nordhus erklärte zudem, dass es mittlerweile technische Möglichkeiten gebe, den Vogelzug zu berücksichtigen und in dieser Zeit die Windräder abzuschalten. Ob dann allerdings noch die von Stadtwerkechef Peter Ernst versprochene Jahresleistung von 15 Millionen Kilowattstunden (KWh) pro Windrad zu erreichen ist, wurde nicht debattiert. Bei den bislang geplanten acht Windrädern könnte man mit der Jahresgesamtmenge ganz Schwäbisch Gmünd ein Jahr mit Strom versorgen. Doch in erster Linie soll der Strom, so Geberth, nach Aspen ließen und zwar per Direktleitung. So will man sich unter anderem die Netzgebühr sparen und so den dort irgendwann eventuell angesiedelten Unternehmen einen günstigen Strompreis bieten können.
Martin Bläse lobte für die CDU das Vorhaben. Es sei bereits vor drei Jahren noch von der damaligen Nachhaltigkeitsbeauftragten der Stadt, Franka Zanek, begonnen worden. Zanek ist heute Direktorin des Regionalverbandes, der für die Ausweisung der Vorranggebiete für Windkraft zuständig ist. Karl Miller (Grüne) überkamen gar fast faustische Gefühle: „Zwei Herzen wohnen, ach, in meiner Brust“, erklärte er. Er sieht die Notwendigkeit, die Windkraft auszubauen, aber auch die Belange des Natur- und Artenschutzes. Ob die Stadt die von Arnold apostrophierte „große Chance“ nutzen kann, dürfte sich wohl erst im Herbst zeigen, wenn die zweite Anhörung vorbei ist. Laut Heubachs Bürgermeister Joy Alemazung sieht dies auch der Heubacher Gemeinderat so.
Naturschützer gegen Windräder am Rechberger Buch
SCHWÄBISCH GMÜND/HEUBACH. Der NABU, der BUND und der Arbeitskreis Naturschutz Ostwürttemberg (ANO) lehnen die Absicht der Städte Gmünd und Heubach, am Rechberger Buch einen Windpark zu errichten, ohne Wenn und Aber ab. Dies teilen sie in einer Pressemitteilung mit. „Jeder Schritt in diese Richtung wird auf den entschiedenen Widerstand der Naturschutzverbände treffen“, sagt Armin Dammenmiller, Kreisvorsitzender des NABU. Der Rechberger Buch bestehe überwiegend aus altem und ökologisch wertvollem Baumbestand mit vielen Habitatbäumen als Unterschlupf und Brutplatz für geschützte Tierarten sowie einem hohen Anteil an Buchen-Hallenwäldern, erklärte Dammenmiller. Das Gebiet sei deshalb im bisherigen Regionalplan auch als Vorzugsläche für den Naturschutz ausgewiesen. Bisher seien die naturnahen Wälder am
Albtrauf für die Windkraftnutzung tabu gewesen, betonte Walter Beck, Sprecher des ANO Schwäbisch Gmünd. Die gesamte Traulinie von Heubach bis Waldstetten und darüber hinaus sei Rückzugsgebiet der streng geschützten Mopsledermaus, die Buchenwälder hätten eine wichtige Funktion als Jagdgrund für das Mausohr, die größte mitteleuropäische Fledermausart.
Im Rechberger Buch seien zudem Rauhfußkauz und Sperlingskauz nachgewiesen.
„Nach einer Bebauung mit Windkraftanlagen würde von den Brutplätzen und Ruhestätten dieser Arten nicht mehr viel übrig sein.“ Obendrein liege das Gebiet in einer Hauptlinie des Vogelzugs. „Deshalb sind auch Initiativen für Windkraftnutzung an anderen Stellen bei Bartholomä, etwa am
Utzenberg, abzulehnen.“ „Diese Pläne missachten den Artenschutz vollständig“, stellt auch Andreas
Mooslehner fest. Der Regionalgeschäftsführer des BUND Ostwürttemberg fürchtet
um die Akzeptanz der Energiewende als Ganzes, wenn die Ausweitung der Nutzung
erneuerbarer Energien ohne Rücksicht auf Biodiversität und Artenschutz erfolge.
ANO-Sprecher Beck formuliert es zugespitzt: „Für den Klimaschutz im Rechberger Buch oder am Utzenberg zu bauen ist ungefähr so, als würde man seinen Dachstuhl verheizen, um es im Winter schön warm und trocken zu haben.“ Dabei gebe es im Ostalbkreis genug Flächen, um die Ausbauziele zu erfüllen, sagen die Naturschützer. In einem Vorabgespräch mit dem Regionalverband, der zurzeit die Vorranglächen für den Regionalplan erstelle, hätten die Naturschutzverbände dies auch deutlich gemacht und insbesondere auf die unvermeidlichen Probleme um Heubach und Bartholomä hingewiesen. „Dass diese Hinweise durch die
beiden Städte und den Landkreis ignoriert werden, zeigt nur zu deutlich, dass es hier nicht um Klimaschutz geht, sondern um Prestige und iskalisches Interesse“, kritisiert Dammenmiller.
Für ihn basiert die Windpark-Initiative aus Gmünd und Heubach keineswegs auf ökologisch relevanten Fakten, Daten und Umweltgesetzen. „Es ist eine rein lokalpolitisch motivierte Entscheidung von Akteuren, die bisher nichts für den Klima- und Umweltschutz übrighatten und haben“, so Dammenmiller.
Copyright Rems Zeitung, 11.04.2024