Radfahren vor dem Autofahren – eine Gewissensfrage
Marie Baumann aus Schwäbisch Gmünd kann die Diskussion um das Thema „Fahrradstraße“ in Schwäbisch Gmünd nicht nachvollziehen.
Fahrradstraßen als Bedrohung in einem „Glaubenskrieg“?
Es verwundert, wie im Jahr 2024 vom CDU-Stadtverband zur Verkehrsführung in unserer Stadt ein „Glaubenskrieg“ ausgerufen wird. Unter dem Schlagwort „Lösungen für alle“ soll das Auto seine Priorität behalten, schon länger geplante Fahrradstraßen werden von der Bundestags-Abgeordneten Frau Inge Gräßle zu „unterkomplexen Lösungsvorschlägen“ erklärt – was bitte soll das sein?
Schwäbisch Gmünd verteidigt, wenn es diesen Stimmen folgt, seinen Ruf als konservative Stadt einmal mehr. Rückblickend lässt sich sagen: Wären nicht die Fassaden des Münsters und der Johanniskirche nach ihrer kostspieligen Restaurierung durch Autoabgase bedroht gewesen, hätte Schwäbisch Gmünd vermutlich bis heute keine Fußgängerzonen – die infolge ihrer Einführung dem Stadtleben und dem Tourismus guttun! Niemand möchte sie mehr missen.
Fahrradstraßen mit Vorfahrt für Fahrräder sind aktuell der weltweite Trend, um mit Erleichterungen für das Radfahren den CO2-Ausstoß zu senken und die erwartbare Erderhitzung zu begrenzen. Heute geht es nicht wie damals in den Neunzigerjahren, als die Fußgängerzonen aus unabweisbaren Vernunftgründen eingeführt wurden, um den Schutz von Gebäuden, sondern um ein lebenswertes Leben für die Enkelgeneration. Für mich persönlich ist es deshalb eine Gewissensfrage, dem Radfahren vor dem Autofahren und dem Bereitstellen von Autoparkplätzen durch die Stadt gezielt Vorrang einzuräumen und die Forderungen der Critical Mass nach Einführung von Fahrradstraßen vorbehaltlos zu unterstützen. Einen „Krieg“ um derartig existenzielle Zukunftsfragen auszurufen, wie von Seiten der CDU geschehen, halte ich für absolut unangemessen und im Ton vergriffen.Übrigens gilt bei diesem Thema eine einfache Rechnung: Durch Fahrradstraßen könnten mehr Menschen aufs Fahrradfahren umsteigen und es werden dadurch mittelfristig weniger Autoparkplätze benötigt.
Marie Baumann, Schwäbisch Gmünd
Copyright Gmünder Tagespost, 16.04.2024