Schwäbisch Gmünd. Auch nach der Absage durch die Stadträte des Verwaltungsausschusses Ende 2019: Der Internethändler Amazon hat nach wie vor Interesse, in Schwäbisch Gmünd ein Verteilzentrum zu eröffnen, teilt Amazon-Sprecherin Nadiya Lubnina auf Nachfrage mit. Und zwar in der Größenordnung der anderen Verteilzentren, die um die 10 000 Quadratmeter groß seien und „100 bis 200 Arbeitsplätze in Vollzeit bieten“. Zur Besichtigung eines solchen Amazon-Logistikzentrums in Pforzheim hatte Oberbürgermeister Richard Arnold den Ältestenrat für Freitag, 17. Juli, eingeladen und damit die Diskussion neu entfacht. Denn angesichts einer erheblich steigenden Arbeitslosenzahl gelte es, Lösungen zu finden.
Dies sei eine Abwägungsfrage, meint Dr. Christof Morawitz vom Vorstand des Handels- und Gewerbevereins (HGV) dazu. Einerseits sei es angesichts der aktuell sehr angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt moralisch geboten, jede Möglichkeit zu nutzen, die Arbeitsplätze bringt. „Andererseits wissen wir, dass diese Arbeitsverhältnisse prekär sind“ und die Leute davon nicht leben können, meint er zu den Amazon-Plänen. Auf die Frage, ob die Stadtspitze Gespräche mit Amazon-Vertretern führen sollte, sagt er: „Wer keine Gespräche führt, kann keinen Einfluss geltend machen.“
Ungeachtet dessen gelte es abzuwägen, was eine Amazon-Ansiedlung für den Gmünder Einzelhandel bedeute. „Dem Einzelhandel würde es schaden“, ist Andreas Schoell vom HGV-Vorstand überzeugt. Je schneller das Paket beim Kunden sei, desto eher bestelle dieser online. Das gelte auch, wenn Amazon in einer Nachbarstadt baue, „aber man muss das ja nicht auch noch unterstützen“. Zumal: Der Gmünder Einzelhandel sorge für weitaus mehr Arbeitsplätze als Amazon. Corona habe den Internethändlern ohnehin in die Hände gespielt und den Einzelhandel geschwächt, weil manche Kunden aus Vorsicht lieber online kaufen als in die Stadt zu gehen. Doch dem wolle der HGV mit einem Radkurierdienst entgegenwirken.
An einer Online-Umfrage dieser Zeitung zum Thema Amazon-Ansiedlung im Dezember 2019 haben sich 1670 Leser beteiligt. 64 Prozent gaben an, sie finden die Entscheidung schlecht, dass Amazon nicht in Gmünd bauen darf. 36 Prozent fand die Entscheidung gut.