Mit einem Bündel an Vorschlägen, wieder Leben in die Innenstadt zu bringen, endete Gmünds erster Innenstadtgipfel am Dienstagabend. Dazu gehören solche wie Verkaufsflächen unter freiem Himmel, besondere Gerichte zu besonderen Ereignissen in der Gastronomie oder aber eine Aufwertung des GD-Chips und verkaufsoffene Sonntage.
Eingangs hatte Oberbürgermeister Richard Arnold den Teilnehmern aus Politik, Handel und Gastronomie ans Herz gelegt, über den Lockdown hinauszudenken. Er hoffe, dass die Geschäfte angesichts der aktuellen Inzidenzwerte „so schnell wie möglich geöffnet“ werden. Doch das Virus werde bleiben. Er wolle mit den Teilnehmern in den Dialog treten, Ideen erörtern, sagte Arnold. Mit anderen Oberbürgermeistern sei er sich einig, dass die Wiederbelebung der Innenstädte eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen sei. Dazu brauche es einen Marshall-Plan. Künftig, sagte Arnold, solle man sich nicht auf „Inzidenzwerte“ allein konzentrieren, denn dies treffe nicht die Wirklichkeit. Arnold kritisierte, wie aus der 50er-Inzidenz die 35er-Inzidenz geworden sei. Dies zeige, dass eine Konzentration auf einen einzigen Wert nicht geeignet sei, sondern dass auch andere Werte wichtig seien. In Barnsley seien inzwischen 50 000 von 90 000 Einwohnern geimpft, berichtete Arnold von einem Telefonat mit Gmünds englischer Partnerstadt. Das Impfen und Erfahrungen aus der aktuellen Öffnung der Schulen und Kitas müssten bei weiteren Entscheidungen über Lockdowns eine Rolle spielen. Der Oberbürgermeister setzte zudem auf „regelmäßige kostenlose Tests“.
Es sei richtig, dass Gastronomie und Handel eine Perspektive bräuchten, sagte Dr. Christof Morawitz, Vorstandsmitglied des Handels- und Gewerbevereins HGV. Richtig sei auch, dass man dafür mehr Werte brauche, die eine Flexibilität zulassen. Der Handel brauche zudem eine „digitale Sichtbarkeit“. Dazu hätten HGV und das Verlagshaus SDZ die Initiative „Hallo Ostalb“ gegründet. Für die Öffnung der Geschäfte brauche es Hygienekonzepte, die zuließen, dass Menschen mit Freude in die Innenstadt gingen. Dazu müssten Verkaufsflächen aus Läden nach außen verlagert werden, wenn das Wetter dies zulasse. Morawitz nannte dies „Gmünd macht Outlet“. So könne der Handel Produkte aus dem vergangenen Winter noch absetzen. Dabei sollten Gastronomen einbezogen werden.
„Gmünd macht Mittwoch“ wieder aufleben lassen will die Gastronomie, sagte dazu Carmen Bäuml als Vertreterin der Lokale. Sie war jedoch sicher, dass die Gastronomen erst zum 1. Mai wieder öffnen dürfen. Bäuml nannte zudem „Musik in Gmünder Kneipen“ und Themenabende wie Candle Light Dinners, internationale Gerichte zur Fußball-Europameisterschaft, Restaurants als Stationen auf Wanderungen und eine, wie im vergangenen Jahr schon, vergrößerte Bewirtungsfläche.
„Wir sind nicht der Treiber“, nahm Dagobert Hämmerer, Ost-alb-Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Gastronomen vor Kollegen in Schutz, die entgegen der Corona-Verordnung öffneten. Die Hilfen liefen schlecht, sagte Hämmerer. Er lobte die genannten Ideen, machte aber deutlich, dass am Ende nicht die Hilfen, sondern „unsere Gäste“ die Lösungen für die leidenden Gastronomen seien.
„Wir brauchen dringend die Öffnung“, sagte auch HGV-Vorstandsmitglied Andreas Schoell. Finanziell werde es sehr eng. Schoell lenkte die Perspektive über die vorgeschlagenen Events hinaus. Es gehe auch um Normalität, darum, dass Gmünd wieder da sei. Dafür könne „Gmünd macht Outlet“ ein gutes Instrument sein.
Lust auf die Innenstadt ist da.
Arnold appellierte an die Vermieter, jetzt mit den Mietpreisen nachzulassen. Dann bleibe der Mieter drin. Dies sei für den Vermieter besser als danach neue Mieter suchen zu müssen. VGW-Chef Celestino Piazza machte deutlich, dass die VGW nicht nur Miete nachgelassen habe, sondern auch Gebäude gekauft habe. Er nannte den „Schwanen“ in der Schmiedgasse und das „Scala“ im Freudental als Beispiele.
Christine Hüttmann vom Projekt „Digital inklusiv im Quartier Oststadt + Hardt + Altstadt“ bot dem HGV Zusammenarbeit an und wies auf Projekte hin, die sie angestoßen hatte – solche wie Ausstellungen gegen Leerstände oder aber eben auch „Gmünd macht Outlet“. Christof Markowetz von den „Seitengässlern“, Inhaber kleinerer Geschäfte, sieht in der Pandemie auch eine Chance, Kunden wieder an die Innenstadt zu binden. Unter dem Motto „Gmünd ist Vielfalt“ sollten Händler gemeinsam etwas bewegen, auf der Basis „riesiger Pfunde“, die die Stadt habe. Er forderte, das Einhorn viel mehr für die Stadt zu nutzen.
Etwa zwei Wochen nach der Öffnung wollten die Händler mit „Gmünd macht Outlet“ beginnen, sagte HGV-Vorstandsmitglied Martin Röttele. Er regte zudem an, den GD-Chip auf einen Euro aufzuwerten und sprach sich für verkaufsoffene Sonntage aus. Eine engere Zusammenarbeit zwischen HGV und Pro-Gmünd und damit zwischen Handel und Gastronomie forderte Hannes Barth, der zunächst beklagt hatte, dass die Gastronomie beim letzten Gipfel zwischen Kanzlerin und Ministerpräsidenten nicht einmal mehr erwähnt worden sei.
„Wir sind an einem Scheideweg“, sagte Morawitz. Die Situation sei mehr als ernst. Er lehnte ab, dass Gastronomen erst im Mai öffnen dürften. Wenn Handel und Gastronomie in diesem Jahr eine Chance haben sollten, sich einigermaßen zu erholen, müsse im März geöffnet werden, sagte Morawitz. Einen weiteren Lockdown würden die Geschäfte nicht mehr schaffen. Der Druck auf Landes- und Bundesregierung sei nicht groß genug. Deren „Tunnelblick“ sei gespeist von Inzidenzen.
Dies betonte auch OB Arnold nochmal – „wir brauchen einen anderen Blick auf die Pandemie“ – , bevor er zusammenfasste: Er sehe bei den Teilnehmern dieses Innenstadtgipfels „Mut“ und „Zuversicht“. Dies in dem Wissen, dass „Lust auf die Innenstadt da ist“.
Was Gmünds Stadträte zur Situation von Handel und Gastronomie sagen
„Die Situation nimmt mich mit“, sagte Gabriel Baum (Grüne) und versprach, alles zu tun, um den Rahmen für die Öffnung zu setzen, dass sie ein „Vergnügen ohne Reue“ werde.
„Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben“, sagte Sigrid Heusel (SPD). Sie forderte eine Korrektur der Impfstoffverteilung unter den Landkreisen. Wichtig sei, ein „Wiedereröffnungskonzept“ auf den Weg zu bringen.
Nicht nur auf den Inzidenzwert zu schauen, dafür sprach sich Karin Rauscher (FWF) aus. Testen sei wichtig. Und das Impfen müsse zügiger vorangehen. Rauscher begrüßte die Outlet-Idee. Geklärt werden müsse, wer die Zelte dafür bezahlt.
Keine Frage sei, dass in der Bürgerschaft Geld vorhanden sei, um einzukaufen, sagte Alfred Baumhauer (CDU). Doch es brauche dafür Maßnahmen, die Menschen in die Stadt zu bringen. Baumhauer sprach sich auch dafür aus, eine längerfristige Perspektive zu entwickeln.
„Gmünd macht Outlet“ sei eine tolle Idee, sagte Sebastian Fritz (Die Linke). Er sprach sich wie andere dafür aus, den Fonds „Gmünd hilft“ weiter aufzulegen, wenn dies erforderlich sei. Fritz sprach ebenfalls langfristige Perspektiven an und nannte die Digitalisierung als Beispiel. „Hallo Ostalb“ könne hier ein Einstieg sein.
„Beachtlich“ seien die Ideen, die eingebracht worden seien, sagte Ullrich Dombrowski (Bürgerliste). Er sah Corona auch unter einem anderen Aspekt: Die Pandemie habe „strukturelle Probleme“ aufgezeigt, sagte er. Er machte das zum Beispiel an der Schließung der Douglas-Filiale fest. Solche Geschäfte seien Konsum-Magneten, die in der Stadt nicht fehlen dürften. Dafür müssten Anreize gesetzt werden.
Auch wenn Corona einmal vorbei sein sollte, werde das virtuelle Einkaufen weitergehen, sagte Dr. Peter Vatheuer (FDP/FW). Er forderte den Handel auf, sich an dieser „stärker werdenden Einkaufswelt“ zu beteiligen. mil