Wir befinden uns hier in einem Areal, wo nichts so bleiben kann, wie es ist.“ Das sagt Gmünds Baubürgermeister Julius Mihm in einem Werbefilm und steht dabei an der Lorcher Straße auf dem Gelände der ehemaligen Esso-Tankstelle. Den Film zeigt der Bürgermeister, als er im Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats die Pläne für den westlichen Stadteingang vorstellt.
Das Filmchen ist für den Stadtplanungswettbewerb Europan 16 „Living Cities – lebendige Städte“ entstanden, für den sich die Stadtverwaltung bewerben will. Bei diesem Wettbewerb sind internationale Architekten und Stadtplaner aufgefordert, Ideen für die Umgestaltung einzureichen. Die Teilnahme kostet 135 000 Euro, die Stadt rechnet mit Zuschüssen von 81 000 Euro und einem Eigenanteil von 54 000 Euro.
Das Areal, um das es dabei geht, erstreckt sich an der Lorcher Straße von der Bahnlinie bis zur Rems sowie von der Hauffstraße beim Biforagebäude bis zum Ersatzteilgeschäft Schulte an der Vogelhofstraße. Der Baubürgermeister beschreibt die Gegend als „Premiumraum mit Top-Anbindung zum Bahnhof“. In Anknüpfung an den Standort der Hochschule für Gestaltung am Remspark sieht er dort Platz für „wissensorientierte Dienstleistungen“ und nennt als Beispiele unter anderem die Bereiche Sensorik, Medizintechnik, Biotechnologie und Digitalisierung. Die Flächen Richtung Rems hingegen seien exzellente Wohnlagen.
Die eher zufällig entstandene aktuelle Nutzung und Bebauung der Grundstücke solle einem völlig neu gestalteten Stadteingang aus Richtung Stuttgart weichen. Oberbürgermeister Richard Arnold verspricht sich davon einen „Perspektivwechsel“: Die Stadt solle in der Wahrnehmung von Westen her nicht erst beim Remspark-Hotel beginnen, sondern an der Lorcher Straße.
Das wird nicht über die Köpfe der Eigentümer hinweg gemacht.
Die Grundstücke in dem Areal seien zum Großteil in Privateigentum. „Das wird nicht über die Köpfe der Eigentümer hinweg gemacht“, betont der OB und verspricht, deren „Befindlichkeiten und Interessen“ bei der Umgestaltung einzubeziehen.
„Ich hoffe, Sie sind so begeistert von der Aufgabe wie ich“, wendet sich Julius Mihm am Ende der Vorstellung der Pläne an die Stadträte. „Wir haben auf dem Hardt gesehen, dass dabei wirklich etwas Gutes herauskommen kann“, sagt CDU-Stadtrat Thomas Kaiser über den Wettbewerb Europan. Er betont, wie wichtig es ist, die Anlieger bei den Plänen einzubinden. Das sagt auch SPD-Stadtrat Johannes Zengerle. Er meint, „es wir höchste Zeit, dass wir das Areal betrachten“. „Wir haben hier an einer sehr prägnanten Stelle eine deutlich reparaturbedürftige Situation“, fasst es Grüne-Stadtrat Karl Miller zusammen. Er fordert, dass das Gebiet klimaneutral entwickelt werden soll, und fragt, weshalb der Gleispark auf der anderen Seite der Bahnlinie nicht zum Projektraum gehört. Ende 2020 sei noch vorgesehen gewesen, den Gleispark einzubeziehen, sagt Linke-Stadtrat Professor Dr. Andreas Benk. Er verstehe nicht, warum das Areal rausgefallen sei und fordert eine „Gesamtbetrachtung“. BL-Fraktionssprecher Ullrich Dombrowski lobt die Planung als „sinnvoll“, hält es jedoch ebenso für wichtig, sich auch über den Gleispark Gedanken zu machen.
Auf dieser Brachfläche ist rund um den neuen Produktionsstandort der Gmünder Uhrenmanufaktur Biegert & Funk Qlocktwo eine Mischung aus Wohnen, Büros und Dienstleistungen vorgesehen. Diese Planung, die aus der Bürgerschaft von unten entstanden sei, passe nicht ins Konzept von Europan, erklärt Richard Arnold.
„Es ist alles gesagt, lassen Sie es uns angehen“, fordert FWF-Stadträtin Dr. Constance Schwarzkopf-Streit auf. FDP/FW-Stadtrat Dr. Peter Vatheuer kündigt an, der Vorlage zuzustimmen. Die Abstimmung fällt bei drei Enthaltungen einstimmig für die Pläne der Stadt aus. Bevor der Wettbewerb Europan 16 am 5. April startet, soll der Gemeinderat über die vorbereitenden Untersuchungen entscheiden.