Schwäbisch Gmünd. Die Bekanntgabe von Oberbürgermeister Richard Arnold am Mittwoch im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats schlug ein wie eine Bombe: Er lud den Ältestenrat zu einer Besichtigung des Amazon-Logistikzentrums am Freitag, 17. Juli, um 15 Uhr in Pforzheim ein. Mit dem Ziel, sich vor Ort ein Bild zu machen und um sich mit den Verantwortlichen zu unterhalten. Somit rollt Arnold das Thema einer möglichen Amazon-Ansiedlung in Schwäbisch Gmünd neu auf. Dabei hatte sich der Verwaltungsausschuss bereits im Dezember 2019 dagegen ausgesprochen.
Als Begründung für seinen Vorstoß nannte Arnold am Mittwoch die „erheblich steigende Arbeitslosenzahl“ in der Stadt. Alleine während der Corona-Krise sei diese von 3,2 auf 4,7 Prozent angestiegen – Tendenz „stark steigend“, so Arnold weiter. Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit seien Männer und 15- bis 25-Jährige. Hier habe sich die Arbeitslosenzahl im Vergleich zum Vorjahr „fast verdoppelt“. Daher sei es nun wichtig, Lösungen zu finden, betonte Arnold. Denn hinter „jeder dieser Zahlen stecken menschliche Schicksale“, appellierte Arnold. Und mit Weiterbildungen und Qualifizierungen alleine sei es nicht getan – denn „es gibt einige, die sich nicht weiter qualifizieren können oder wollen“. Auch diese Menschen dürften nicht vergessen werden, betonte der Oberbürgermeister und forderte alle Stadträte gleichzeitig dazu auf, sich im Hinblick auf diese Zahlen noch einmal „intensiv“ mit einer möglichen Amazon-Ansiedlung in Schwäbisch Gmünd auseinander zu setzen.
Mit seiner Einladung traf Arnold einen Nerv der Mitglieder im Verwaltungsausschuss. Während Brigitte Abele (Bürgerliste) als einzige die Besichtigung begrüßte, hagelte es von anderen Fraktionen im Gremium Kritik. „So können Sie nicht mit getroffenen Entscheidungen des Verwaltungsausschusses umgehen“, sagte Sigrid Heusel (SPD). Ebenso sah es auch Alexander Relea-Linder (Die Linke), der in seiner Stellungnahme nochmals auf die Niedriglohn-Politik und „miserablen Arbeitsbedingungen“ bei Amazon verwies. Ebenso auf den großen Flächenverbrauch und die steigende Verkehrsbelastung durch ein mögliches Verteilerzentrum in Schwäbisch Gmünd.
Gabriel Baum (Bündnis 90/Die Grünen) hegte derweil sogar Zweifel, ob sich die Stadtspitze an den vom Verwaltungsausschuss im Dezember gefassten Beschluss „überhaupt gehalten“ habe. Damals hatten die Stadträte entschieden, dass keine weiteren Gespräche mit dem Weltkonzern über eine mögliche Ansiedlung geführt werden sollen. Daran habe sich die Stadtspitze gehalten, versicherte Arnold. Aber die Situation sei nun eine andere, „wir brauchen Lösungen“, um die Arbeitslosigkeit zu senken. „Aber warum Amazon?“ fragte Alessandro Lieb (SPD). „Da gibt’s auch andere Möglichkeiten.“ Als Beispiel nannte er Qualifizierungsmaßnahmen, Weiterbildung, Gewinnung von Handwerk und mittelständischen Betrieben.