Ein Stapel offener Wohngeld-Anträge
Aus der heutigen Rems Zeitung: Soziales: Wer im Gmünd einen Antrag auf Wohngeld stellt, muss möglicherweise Monate auf den Bescheid warten. Derzeit seien noch Hunderte Anträge offen, sagt ein söl-Mitglied. Das hat Folgen, weil an das Wohngeld auch andere Ansprüche geknüpft sind.
SCHWÄBISCH GMÜND. Am 1. Januar des abgelaufenen Jahres ist die sogenannte Wohngeld-Plus-Reform in Kraft getreten. Mit der Reform wurde eine neue Berechnungsformel eingeführt, die deutlich mehr Haushalten als zuvor einen Anspruch auf den Zuschuss zu den Wohnkosten einräumte. Darüber hinaus wurde ein Heizkostenzuschuss hinzugefügt. Daraufhin wurden mehr Wohngeld-Anträge als bisher gestellt – auch in Schwäbisch Gmünd. Und die Stadt hat Probleme, diesen Anträgen Herr zu werden.
Vergangene Woche stellte Andreas Dionyssiotis von der söl-Fraktion im Ausschuss des Gemeinderats für Bildung, Gesundheit und Soziales eine Anfrage, wie lange die Bearbeitung der Anträge im Schnitt dauere. Die Stadtverwaltung erklärte auf die Anfrage, dass es derzeit knapp 800 offene Wohngeld-Anträge gebe. Hans-Peter Reuter, der Leiter des Amtes für Familie und Soziales der Stadt, erläuterte weiter, für Verzögerungen bei der Bearbeitung könne es vielerlei Gründe geben, zum Beispiel wenn nicht alle notwendigen Unterlagen vorlägen. Im Gespräch mit der Rems-Zeitung sagte das söl-Gemeinderatsmitglied Dionyssiotis, er wisse von Anträgen, die bereits im vergangenen Jahr gestellt wurden und noch offen seien. In einem Fall sei es um eine Frau mit mehreren Kindern gegangen, die im Dezember 2023 ihren Wohngeld-Antrag gestellt hatte und bei
der alle notwendigen Unterlagen vorgelegen hätten, so Dionyssiotis. Im August des laufenden Jahres hätte die Frau einen Änderungsantrag wegen geänderter Einkommensverhältnisse gestellt. Der Bewilligungsbescheid sei schließlich im September ergangen: das Wohngeld sei von Dezember 2023 bis einschließlich August 2024 bewilligt worden. Ausgezahlt werde das Geld für die betreffenden Monate nun im Oktober. Derartige Verzögerungen seien vor allem für Betroffene problematisch, die Anspruch auf Bildungs- und Teilnahmeleistungen haben, erläuterte das Gemeinderatsmitglied der söl-Fraktion. Denn wer Wohngeld bezieht, kann auch Leistungen aus dem Bildungs-und Teilhabepaket beantragen. Dazu zählt zum Beispiel ein Betrag für die Anschaffung von Schulbedarf oder es werden Kosten für die Schülerbeförderung, Klassenfahrten, Nachhilfe sowie die gemeinschaftliche Mittagsverplegung in Schule und Kindertagesstätte erstattet.
Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren stehen überdies 15 Euro pro Monat für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben zur Verfügung. Wenn nun aber die Bearbeitung eines
Wohngeldantrags viel Zeit in Anspruch nimmt, dann können die Anträge auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket in dieser Zeit nicht gestellt werden, und die Familie muss die entsprechenden Kosten vorstrecken. Wenn zum Beispiel die Versetzung eines Kindes in der Schule gefährdet sei, so Andreas Dionyssiotis, dann zeige sich das in der Regel nach dem Zwischenzeugnis. Dann werde oft eine Nachhilfe organisiert. Wenn man nun aber sehr lange auf den Wohngeld-Bescheid warten müsse, könne man die Kosten für diese Nachhilfe nicht aus dem Bildungs- und Teilhabepaket bestreiten, erklärte das söl-Gemeinderatsmitglied. Durch die lange Bearbeitung des Wohngeld-Antrags werde somit der Anspruch auf Mittel für die Bildung eine
Zeitlang „blockiert“. Die Aufwendungen würden zwar zu einem späteren Zeitpunkt
bezahlt, müssten aber zunächst von der betroffenen Familie vorgestreckt werden.
Natürlich sieht das söl-Mitglied, dass der Bund den Kommunen mit der Bearbeitung der Wohngeld-Anträge und insbesondere der Reform eine große Aufgabe gestellt hat – nicht zuletzt, weil aufgrund
der Reform deutlich mehr Anträge gestellt werden. Aber nicht alle Städte haben damit so große Probleme wie Schwäbisch Gmünd: In Schorndorf etwa betrage die Bearbeitungszeit zwischen vier und sechs Wochen, verrät eine Sprecherin der Daimlerstadt: „Wir haben ein sehr gut funktionierendes Team, das schon viele Jahre zusammenarbeitet. Das ist ein Vorteil, denn die Einarbeitung in die Thematik ist sehr schwierig und dauert lange, da der Rechtskreis sehr komplex ist.“
In Gmünd herrsche dagegen eine hohe Fluktuation in der Abteilung, die mit dem Wohngeld betraut sei, teilte die Stadt im Bildungs- und Sozialausschuss mit. Dies sei mit ein Grund für die mitunter langen Wartezeiten.
Copyright Rems Zeitung, 27.09.2024