„Es geht darum, klare Kante zu zeigen“
Artikel aus der Rems Zeitung: Integration: Im vergangenen Jahr hatte die Präsenz des Türkisch-Islamischen Kulturvereins beim Tag der Kulturen für einen Eklat gesorgt. Er steht den türkisch-rechtsextremen Grauen Wölfen nahe. Oberbürgermeister Richard Arnold setzte dennoch darauf, „im Dialog zu bleiben“ – und will dies auch weiterhin tun.
SCHWÄBISCH GMÜND. Wird der Türkisch-Islamische Kulturverein in diesem Jahr am Tag der Kulturen teilnehmen? Diese Frage steht seit einiger Zeit im Raum. Denn im vergangenen Jahr hatten die a.l.s.o., das Bündnis gegen Rassismus und der Deutsche Gewerkschaftsbund aus Protest gegen die Anwesenheit des Kulturvereins die Veranstaltung verlassen. Der Grund: Der Türkisch-Islamische Kulturverein hatte für seinen Dachverband „Türk Federasyon“ geworben, der wegen seiner Nähe zur tür-
kisch-rechtsextremen MHP und den Grauen Wölfen vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Noch Anfang der Woche hatte Rathaussprecher Markus Herrmann zu Beantwortung der Frage auf das ofizielle Pressegespräch zum Tag der Kulturen verwiesen. „Der Türkisch-Islamische Kulturverein hat
mitgeteilt, dass sie es sich sehr genau überlegen, ob sie teilnehmen. Auch Mili Görüs hat sich so geäußert“, so Oberbürgermeister Richard Arnold nun. Es sei jedoch nicht das Ziel des Tages der Kulturen, jemanden auszugrenzen. „Wir haben uns in Schwäbisch Gmünd immer gegen Ausgrenzung stark gemacht.“ Es sei wichtig, miteinander zu sprechen und im Dialog zu bleiben. Das werde er auch weiterhin tun. Dass der Türkisch-Islamische Kulturverein den Grauen Wölfen nahesteht, will das Stadtoberhaupt aber nicht direkt bestätigen. Im Gegensatz zu Landrat Joachim Bläse, der in seiner Zeit als Gmünds Erster Bürgermeister auch mit dem Verein zu tun hatte. Dass es sich um Graue Wölfe handle, sei allen Verantwortlichen bekannt gewesen. In bisherigen Gesprächen zwischen Arnold und dem Verein sei es nicht um „große, übergeordnete politische Themen“ gegangen. „Der Verein bringt sich seit Jahren im Stadtleben ein und ist auf Veranstaltungen präsent. Was zählt, ist das Ergebnis.“ Zudem hätten ja alle Beteiligten am Tag der Kulturen die Gmünder Charta der Gemeinsamkeiten unterschrieben, die als Ziel ein „gemeinsames Wertesystem“ hat. Das sei Voraussetzung zur Teilnahme. Wer nicht unterschreibt, kann nicht dabei sein. Die Charta gibt es jetzt auch außer auf deutsch noch auf englisch, arabisch, türkisch, russisch und rumänisch – den Sprachen der größten ausländischen Bevölkerungsgruppen in Schwäbisch
Gmünd. Allerdings hat es keine Konsequenzen, wenn ein Verein sich nicht an die Charta hält. „Wir können und wollen niemandem aus der Stadtgemeinschaft ausschließen“, so Arnold.
Darum gehe es auch nicht, erläutert Antje Waibel vom Bündnis gegen Rassismus. „Aber wenn klare Beweise vorliegen, dass in diesem Verein mit nationalistische, ideologische Grundsätze herrschen, dann muss das konstruktiv und öffentlich angesprochen und kritisiert werden.“ Den Kontakt abzubrechen, sei sicher keine Lösung. So zu tun, als wisse man von nichts, aber auch nicht. „Für uns ist die Haltung des
Oberbrügermeisters unverständlich.“
Ideologische Indoktrination würde er selbstverständlich nicht gutheißen, betont Arnold, „da würde ich deinitiv einschreiten.“ Ob das der Fall ist, kann man bei der Stadt aber nicht wirklich wissen. Denn in
dem Jugendraum, den der Türkisch-Islamische Verein betreibt, sind keine städtischen Jugendarbeiter vertreten. „Wir hatten da durchaus Pläne, Angebote und Veranstaltungen zu unterschiedlichen The-
men – auch im Bezug auf Politik und Ähnliches.“ Realisiert wurde all das aber nie – Personalmangel. Gaugele bedauert zudem, dass sich der Dialog rund um den Tag der Kulturen so gewandelt habe. „Die Ditib-Gemeinde hat sich gar nicht erst angemeldet.“ Die sei auch nie Ziel der Kritik gewesen, betont Waibel. Es gehe einzig und allein darum, klare Kante gegen Nationalismus und Rechtsextremismus zu zeigen.
Grundsätzlich sei das richtig, meint Arnold. Seiner Ansicht nach sei allerdings der Tag der Kulturen nicht der geeignete Rahmen für eine solche Diskussion.
Copyright Rems Zeitung, 06.10.2023