Finanzkrise in Schwäbisch Gmünd: Kritik an EU und verschärfte Haushaltslage
Oberbürgermeister Richard Arnold kritisiert die Europäische Union und bekommt Gegenwind von söl-Stadtrat Andreas Benk.
Schwäbisch Gmünd. Gmünds Finanzsituation verschlechtert sich weiter. Diese Entwicklung führte Oberbürgermeister Richard Arnold am Mittwoch im Gemeinderat zusammen mit deutlicher Kritik an der Europäischen Union (EU) – was ihm wiederum Kritik einbrachte.
Der Finanzzwischenbericht für die ersten drei Quartale des Jahres lag dem Gremium vor und Stadtkämmerer René Bantel musste mitteilen, dass das vorgelegte Zahlenwerk in den letzten Tagen bereits von der Realität überholt worden ist. Der Anteil, den die Stadt von der Einkommenssteuer ihrer Bürger bekommt, liegt derzeit nicht bei einem Plus von 540.000 Euro wie noch im Zwischenbericht vermerkt, sondern mit 766.000 Euro im Minus. Als Grund dafür führte Bantel an, dass Kurzarbeit in den Unternehmen wieder eine große Rolle spiele, was sich natürlich auf die Einkommen auswirke.
„EU macht Politik auf Basis alter Zahlen“
Oberbürgermeister Arnold sagte dazu, dass die Wirtschaft Baden-Württembergs am stärksten von allen Bundesländern schrumpfe. Diese Feststellung jedoch sei bei der Europäischen Union noch gar nicht angekommen, deshalb seien von dort auch keine Finanzhilfen in Sicht, wie es sie um 1990 gegeben habe. Grund dafür sei, dass die EU mit Sieben-Jahres-Plänen arbeite, also ihre Handlungen derzeit auf Zahlen von 2018 basieren. Das habe der Gmünder Gemeinderat bei seinem Info-Besuch in Brüssel am vergangenen Wochenende in Gesprächen moniert.
Die EU, so Arnold, habe auch gar kein Interesse daran, daran etwas zu ändern, weil Deutschland der größte Beitragszahler in den EU-Topf ist. Deshalb wolle die EU auch an der Arbeitslosenquote als Kennzahl für mögliche Hilfen festhalten, obwohl diese Zahl die in der Kurzarbeit ausgedrückte Strukturschwäche gar nicht aufzeige.
Stadtrat Andreas Benk (söl) kritisierte, dass der Oberbürgermeister mit diesen Ausführungen ins Horn der EU-Skeptiker blase. „Dafür wäre die Fahrt nach Brüssel nicht nötig gewesen.“ Diese Kritik wiederum wies Richard Arnold zurück mit den Worten: „Ich stehe für die Integration wie kein anderer.“ Dafür bekam er stürmischen Beifall der CDU-Fraktion.
Nach bisheriger Abschätzung bringt die Gewerbesteuer der Stadt ein Plus von 2,6 Millionen Euro, führte Kämmerer Bantel weiter aus. Nennenswert war auch das Minus bei den Grundstücksverkäufen. Die Stadt habe Wohnungsbauunternehmen verschiedene Grundstücke zur Bebauung gegeben. Kaufen wollen diese Unternehmen die Grundstücke jedoch erst, wenn der Baubeginn auch bevorstehe.
CDU-Stadtrat David Sopp erneuerte angesichts dieser Zahlen die Forderung seiner Fraktion, eine Haushaltsstrukturkommission einzusetzen. Denn die Finanzlage könnte sich weiter verschlechtern. BL-Fraktionssprecher Ullrich Dombrowski hielt dagegen, dass eine solche Kommission auch in der Vergangenheit wenig gebracht habe. Der Gemeinderat müsse disziplinierter arbeiten.
Gmünder Stadträte fordern: Ausgaben überprüfen
SPD-Fraktionssprecherin Sigrid Heusel plädierte dafür, die freiwilligen Ausgaben kritischer anzuschauen. Gleichzeitig vermisse sie aber die Umsetzung beschlossener Maßnahmen. Andreas Benk fragte nach den ausstehenden Jahresabschlüssen der vergangenen Jahre. Zudem schlug er vor, dass das Rechnungsprüfungsamt die Zwischenberichte jeweils mit Kommentaren versehe. Das würde dem Gemeinderat seine Kontrollfunktion erleichtern.
Finanzbürgermeister Christian Baron bezweifelte, dass solche Kommentare hilfreich wären. Die Vorlage der Jahresabschlüsse hänge von der Personalkapazität ab.
Copyright Gmünder Tagespost, 24.10.2024