In der Gmünder Altstadt gibt es Bereiche, in denen die Welt – auch nach dem Stadtumbau – nicht in Ordnung ist, wie es Baubürgermeister Julius Mihm am Mittwochabend in der Gemeinderatssitzung formuliert. Darin sind sich er und die Gmünder Gemeinderatsfraktionen einig.
Anlass für die Diskussion über den Weg hin zu einer lebenswerteren Altstadt war ein Antrag der Stadtratsfraktionen Grüne, SPD, Linke, Freie Wähler Frauen, Bürgerliste und FDP/FW – kurz, aller Fraktionen außer der CDU. Doch „wir wünschen uns, dass alle dem Antrag zustimmen können“, betont Grünen-Fraktionschef Gabriel Baum. Denn „die Altstadt ist ein Schatz und ein Erbe, das mit Verantwortungsbewusstsein bewahrt, aber auch entwickelt werden muss.“
Viele Visionen für die Altstadt
Mehr Wohnenin der Altstadt, auch im Erdgeschoss, dafür weniger Leerstände, ist eines der formulierten Ziele in dem Antrag. Mehr Anwohner bringen auch mehr soziale Kontrolle und Sicherheit mit sich. Dafür sollen unter anderem Gewerbeleerstände am Rande der Altstadt umgenutzt werden.
Der Einzelhandel soll näher an Kundenverkehrswegen am Marktplatz und in den Seitengassen konzentriert werden, erläutert SPD-Stadtrat Dr. Uwe Beck. Durch die Zentrierung und klare Strukturierung der Einkaufspassagen sollen Kunden besser die Übersicht über die Einzelhandelsangebote bewahren.
Klar organisierte Plätze für Autos, nennt FWF-Stadträtin Dr. Constance Schwarzkopf-Streit als weitere Vision. Autofahrer sollen in den Parkhäusern am Rande der Altstadt parken, Anwohner auf ausgewiesenen Stellplätzen. Lieferverkehr soll an Haltezonen von Lastenfahrrädern übernommen werden.
Die „Umsetzung einer autofreien Altstadt auf den Weg bringen“, formuliert Linke-Fraktionssprecher Sebastian Fritz als Anliegen. Dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) komme dabei eine Schlüsselrolle zu. Er setze darauf, dass der Kreis das 365-Euro-Ticket und eine bessere Taktung verfolge. Zudem brauche es Achsen für Radfahrer und extra definierte Zonen für Fußgänger.
Für mehr Aufenthaltsqualität in der Altstadt sollen mitunter auch Bäume auf dem Marktplatz sorgen, erklärt Constance Schwarzkopf-Streit.
Die Altstadt ist ein Erbe, das bewahrt, aber auch entwickelt werden muss.
Die Visionen real machen
Die finanziellen Mittel der Stadt seien stark eingeschränkt, sagt Alexander Hamler von der Bürgerliste. Doch in Schwäbisch Gmünd sei viel Sachverstand und Bürgerinteresse vorhanden. Beides gelte es einzubeziehen. Denn der Prozess sollte nicht von oben aufgesetzt sein, sondern gemeinsam mit den Bürgern ergebnisoffen gestaltet werden, meint FDP/FW-Sprecher Dr. Peter Vatheuer.
Er nennt es „bedauerlich, dass man die CDU-Kollegen nicht von Anfang an eingebunden hat“. Das trage die CDU mit Fassung, sagt CDU-Stadtrat Johannes Barth dazu. „Eine attraktive Altstadt ist im Sinne aller Gmünder – und damit ein Auftrag an uns.“ Mit vielen der Vorschläge könne die CDU-Fraktion mitgehen, etwa die Schmiedgassen durch mehr Wohnraum aufzuwerten oder aber das Radkonzept. Auch der Fußgänger müsse seine Berechtigung haben – genau wie der Autofahrer. Das Ziel einer autofreien Altstadt trage die CDU nicht mit. Ein gewisser Verkehr in der Innenstadt müsse gewährleistet sein. „Sonst werden Handel und Gastronomie darunter leiden“, ist Johannes Barth überzeugt.
Einig sind sich die Gemeinderatsfraktionen, dass es sinnvoll ist, mit den Schmiedgassen zu beginnen, ohne das Gesamtkonzept für die Altstadt aus den Augen zu verlieren.
Start in den Schmiedgassen
Manche Bereiche der Altstadt haben in den vergangenen zehn Jahren an Attraktivität und Leben gewonnen, wie der Baubürgermeister zu Beginn der Diskussion aufzeigt. Unter anderem die Ledergasse, der Zeiselberg oder aber das Areal unterm Königsturm. „Das war tot, ein schwarzes Loch im Stadtgefüge.“ Es habe Energie abgezogen, heute strahle es Energie aus. Dort wie auch an anderen Stellen in der Altstadt entstünden bis in zwei, drei Jahren rund 300 Wohneinheiten. Das bedeute, die Altstadt mit ihren aktuell 4200 Einwohnern gewinne rund 450 neue Anwohner.
Doch an anderen Stellen gebe es tatsächlich Handlungsbedarf: Julis Mihm nennt den früheren Woha, das „Nirvana“ an der Klösterlestraße gegenüber von St. Loreto, wo früher das alte Stadtbad stand und heute Parkplätze sind. Er könne sich vorstellen, das Stadtbad dort wieder aufzubauen, nur in anderer Funktion. Und auch er sieht Potenzial in den Schmiedgassen, wo aktuell der Individualverkehr dominiere. Dort soll die Gesamtkonzeption starten, die Stadtverwaltung, Gemeinderatsfraktionen, Bürger, Einzelhändler und Gastronomen nun gemeinsam erarbeiten sollen, beschließt das Gremium am Ende einstimmig. Dazu soll eine Steuerungsgruppe eingerichtet und ein Bürgerdialog in die Wege geleitet werden.
Zudem erarbeitet die Stadtverwaltung den Antrag, sich als Modellkommune für das „Kompetenznetz Klima Mobil“ beim Landesverkehrsministerium zu bewerben. Mit diesem unterstützen Bund und Land die Kommunen, wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr umzusetzen.