Gmünd setzt ein sehr klares Zeichen gegen Rechtsaußen
Tausende Menschen füllen den Johannisplatz bei der Demo gegen Rechtsradikalismus. Alle Redner würdigen das Aufstehen für Demokratie, Freiheit und Vielfalt.
Schwäbisch Gmünd. Sage nein, misch Dich ein“, mit diesen Zeilen aus einem Lied von Konstantin Wecker war der Ton gesetzt: Tausende Menschen demonstrierten am Samstag auf dem Johannisplatz bei der Kundgebung gegen Rechtsextremismus. Aufgerufen hatte das „Bündnis Aufstehen gegen Rassismus“. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 1500, die Veranstalter sprachen von 3000 bis 3500 Menschen. So oder so: Der Johannisplatz war brechend voll, Menschen lauschten den Rednern sogar vom Marktplatz und von der Bocksgasse aus.
Das Fass zum Überlaufen gebracht
„Wir sind viele, das macht Mut“, eröffnete Ann-Kathrin Lauer vom Bündnis die Kundgebung. Dieser vorausgegangen war ein Spaziergang durch Gmünd, der Mahnmale der Erinnerung streifte. Die „Pläne des Geheimtreffens“ in Potsdam hätten das Fass zum Überlaufen gebracht, sagte Lauer und forderte ein klares „Nein zu AfD, Rechtsruck, Spaltung und faschistischen Deportationsfantasien“. Die AfD, sagte Lauer weiter, sei der „parlamentarische Arm der extremen Rechten in Deutschland“. Sie begrüßte die Unterstützung der Kundgebung durch Oberbürgermeister Richard Arnold, Landrat Dr. Joachim Bläse und „alle Fraktionen im Gemeinderat“.
Die AfD nicht den politischen Kurs bestimmen zu lassen, ihr entschlossen entgegen zu treten, forderte Christian Zeeb, DGB-Regionalsekretär für Ostwürttemberg. Seit dem 10. Januar gebe es „Gewissheit, dass wenige Kilometer vom Wannsee entfernt wieder Deportationen geplant“ worden seien. Zeeb forderte, dagegen aufzustehen.
Lokales Engagement gefragt
Arnold freute sich über so viele Menschen, die ein „Zeichen gegen Ausgrenzung und für Demokratie“ setzten. „Es ist die lokale Demokratie, das lokale Engagement, das wir brauchen“, betonte der OB, gerade in einem Wahljahr wie 2024. Es stimme, dass es viele Probleme gebe, die dringend angepackt werden müssten. Viele Menschen fühlten sich nicht ernst genommen. All das aber „darf niemals auf Kosten der Demokratie gehen“, sagte der OB und ergänzte: „Wer den demokratischen Konsens verlässt, kann nicht mit demokratischer Toleranz rechnen.“
Dilnaz Alkan von der „Seebrücke Stuttgart“, selbst „vor Unterdrückung geflohen“, kritisierte Friedrich Merz, CDU-Chef, für seine Aussage, Deutsche würden der Flüchtlinge wegen keine Arzttermine kriegen, und Bundeskanzler Olaf Scholz für die Forderung, man müsse im großen Stil abschieben. Die Politiker müssten aufhören, populistischen Äußerungen zu folgen, statt Spaltung brauche es konkrete Lösungen und offenen Dialog.
Der verdunkelte Himmel bei Auschwitz
„Nie wieder ist jetzt“, sagte Karolina Tomanek, katholische Betriebsseelsorgerin in Ostwürttemberg. Sie ist in Polen geboren, hat dort bis zu ihrem achten Lebensjahr gelebt. Tomanek erzählte, was ihre Großeltern von Nachbarn erfahren hatten, die in der Nähe von Auschwitz gelebt hatten. Dass „der Himmel wochenlang verdunkelt war, weil so viele Menschen verbrannt worden waren“. Als Jugendliche habe sie sich schon gefragt, wie es sein kann, dass so etwas möglich war. Ihre Antwort: „eine Mehrheit, die schweigt, die eigene Sorgen hat, die müde ist“. Diese müde Gesellschaft, von Corona, Kriegen, Inflation, Klima, Hass „ausgezehrt“, sieht Tomanek heute wieder. Und dass „rechtsextreme Populisten dies ausnutzen“. Und sich deren Gedankengut gegen die Schwächsten richtet: Geflüchtete, Queere, Menschen mit Behinderung. Ihr Schluss daraus: „Wenn wir uns jetzt nicht wehren, verlieren wir unsere Menschlichkeit und unsere Würde.“ Deshalb: „Nie wieder ist jetzt.“
Copyright Gmünder Tagespost, 29.01.2024