Knappe Entscheidung bei Flächennutzung
Aus der Rems Zeitung: Gemeinderat: Der Flächennutzungsplan 2035 spaltet den Gmünder Gemeinderat. Für die einen gibt es zuwenig ausgewiesene Gewerbe- und Wohnbaulächen, aus Sicht der anderen wird der Umwelt- und Naturschutz nicht ausreichend berücksichtigt.
SCHWÄBISCH GMÜND. Wohl kaum ein Thema beschäftigt den Gmünder Gemeinderat schon so lange wie die Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Schwäbisch
Gmünd-Waldstetten. Bereits 2018 hatten Vorabstimmungen mit dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium stattgefunden. Sechs Jahre später ist das Werk fast vollbracht: Der Entwurfsbeschluss für den Flächennutzungsplan 2035 steht. Und er sorgt für Diskussionen im Gemeinderat. 171,7 Hektar umfasst der Flächennutzungsplan nach aktuellem Stand, also nach
der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit. Oberbürgermeister Richard Arnold zeigte sich mit dem jetzigen Plan sehr zufrieden, lobte die Kompromissbereitschaft der Ortschaftsräte. Denn gerade in den Teilorten hätte man „Federn lassen müssen“. Tatsächlich umfasste der Flächennutzungsplan nach Beratung mit den Ortschaftsräten, aber vor der Beteiligung der Öffentlichkeit noch 186 Hektar. Straßdorfs Ortsvorsteher Werner Nußbaum erklärte, der Plan sei auch für die Teilorte eine wichtige Angelegenheit und man sei diesen weiten Weg mit der Stadtverwaltung mitgegangen. „Ich bitte deshalb den Gemeinderat, diesen Plan mit auf den Weg zu bringen. Ohne ihn gibt es in den Teilorten keine Entwicklung.“ Der ursprünglichen Entwurf aus Mai 2022 habe noch 255,9 Hektar vorgesehen, so Gerhard Hackner, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung. Demgegenüber sei der jetzige Planungsstand eine deutliche Reduzierung.
Diese erste Planung fand auch ohne Abgleich mit dem Regionalplan statt, es
war also nicht klar, ob die ausgewiesenen Flächen überhaupt verwendet werden dürfen. Nach wie vor gelte aber: „Der Flächennutzungsplan zeigt nur das Potenzial auf.“ Es handele sich nicht um einen Bebauungsplan. Wohnlächen habe man von 75,2 auf 69,6 Hektar verringert, Gewerbelächen von 28,6 (ohne Technologiepark Aspen) auf 20,2 Hektar reduzier. „Wir haben versucht, das
Optimale herauszuholen.“ Von allgemeiner Zufriedenheit konnte im Gremium jedoch keine Rede sein. Stadtrat Karl Miller (Grüne) bemängelte, dass im aktuellen Plan zu wenig Wert auf Naturschutz gelegt und zu viele Flächen versiegelt würden. „Unser Ziel ist eigentlich die
Netto-Null, bis 2035 wollen wir unseren Flächenverbrauch um 50 Prozent reduzieren. Das schaffen wir mit dem Flächennutzungsplan in seiner aktuellen Form nicht.“ Man müsse Flächen bilanzieren und sich mit Ausgleichsmaßnahmen befassen. Das gelte auch für die Ortschaftsräte. „Wir erwarten eine ernsthafte Diskussion über Naturschutz“, schloss Miller und kündigte die Enthaltung seiner Fraktion an. Auch die SPD-Fraktion übte Kritik. Selbstverständlich müsse man Flächen für
Wohnen und Gewerbe bereitstellen, so Tim-Luka Schwab. „Aber wir müssen auch Naturschutz und Landwirtschaft im Blick behalten.“ Versiegelte Flächen fallen für die Landwirtschaft weg, die
Ausgleichslächen ebenfalls. Auch das müsse man berücksichtigen, damit die Landwirte nicht zu kurz kämen. In der aktuellen Fassung des Flächennutzungsplans erkenne seine Fraktion keine Bemühungen in diese Richtung. „Im Koalitionsvertrag der Landesregierung ist ein maximaler Flächenverbrauch von 2,5 Hektar pro Tag angegeben. Schwäbisch Gmünd dürfte demnach bis
2035 nur 43 Hektar verbrauchen.“ Der Entwurf der Stadtverwaltung überschreite diese Vorgabe fast um das Fünffache. Die SPD-Fraktion werde sich ebenfalls enthalten.
Die größte Kritik kam aus der s.ö.l.-Fraktion: Andreas Benk verlas eine zweiseitige Stellungnahme, die nicht nur den geplanten Flächenverbrauch, sondern auch das Verfahren zur Erstellung des
Plans kritisierte. Von einem „Kompromiss“ könne keine Rede sein; es hätten zwar Workshops stattgefunden, in denen habe es aber keinen Austausch auf Augenhöhe gegeben. Für komplexe Sachverhalte habe man zu wenig Vorbereitungszeit gehabt, in vielen Aspekten sei man vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Benks Hauptkritikpunkt: Dadurch, dass im aktuellen
Plan die Grünflächen herausgerechnet wurden, könne die Stadtverwaltung einen niedrigeren Flächenverbrauch präsentieren. Mit Grünflächen umfasse der aktuelle Flächennutzungsplan nämlich 191 Hektar. „In der vorliegenden Form bedroht der Flächennutzungsplan 2025 nicht nur unsere Natur und Landwirtschaft, sondern auch unsere Lebensqualität. Wir können darum
diesem Entwurf nicht zustimmen.“
Grundsätzliche Zustimmung zum Flächennutzungsplan kam von CDU, Freie
Wähler Frauen und FDP/Freie Wähler.
Nach Ansicht von Martin Bläse (CDU) kommen in der aktuellen Fassung die Wohnlächen zu kurz. Auch an Gewerbe und Industrie müsse man denken, um Gmünd als
Wirtschaftsstandort attraktiv zu halten.
Rechne man die bereits verplanten Flächen
für Gewerbeerweiterungen und das
geplante Möbelhaus am Gaskessel heraus,
blieben rund elf Hektar Gewerbeläche für
die nächsten zehn Jahre. „Das ist zu
wenig.“ Alexander Hamler (Bürgerliste)
und Peter Vatheuer (FDP) gaben zu, dass
der Flächenverbrauch hoch sei, wandten
aber auch ein, dass Gewerbe und Industrie
eben Geld brächten, das die Stadt dringend
brauche. Man dürfe Gewerbetreibende
nicht abschrecken. „Wir haben ohnehin ein
strukturelles Deizit in Gmünd, das sollten
wir nicht vergrößern. Wir sind auf eine
zukunftsfähige Infrastruktur angewiesen“,
so Vatheuer.
Karin Rauscher (FWF) merkte an, dass
der Flächennutzungsplan ja nur eine
Grundlage darstellte und man „das Korsett
nicht zu eng schnüren“ solle. Es müsse
Potenzial übrig bleiben.
Die Abstimmung iel knapp aus: Vier
Gegenstimmen und 15 Enthaltungen standen 24 Ja-Stimmen gegenüber. Im Juni
steht der Feststellungsbeschluss auf dem
Plan.
Copyright Rems Zeitung, 09.02.2024