Kommt die Buchstraße wieder in den Haushalt 2021?
Über die Sanierung der westlichen Buchstraße wird mit ziemlicher Sicherheit heute im Haushaltsausschuss diskutiert werden. Das lang geplante Vorhaben wurde von der Prioritätenliste und auch aus der Haushaltsplanung gestrichen. Einige Gemeinderatsfraktionen hatten dazu jedoch Anträge gestellt. So fordern Grüne, Linke und
SPD, die Buchstraße wieder in die aktuelle Haushaltsplanung aufzunehmen.
Die Geschichte der Buchstraßen-Erneuerung ist lang – genaugenommen begann sie bereits im Jahr 2002. Im September 2018 wurde schließlich eine konkrete Vorplanung vorgestellt, wie die Verbindung zur Gmünder Oststadt gestaltet werden soll: mehr Grün,
Fahrstreifen für Autos und Fahrräder und Fußgängerwege – jeweils von einander getrennt. Und es herrschte auch Einklang in diesem Punkt zwischen Stadtverwaltung, Gemeinderat und den Bewohnern der Oststadt. Vor allem waren sich alle darin einig, dass saniert werden muss. Dann kam Corona. Es musste mit massiven Einbußen im städtischen Haushalt gerechnet werden. Sinkende Einnahmen vor allem bei der Gewerbesteuer und auch beim Anteil an der Einkommenssteuer schränkten unter anderem die Handlungsspielräume deutlich ein. Auch die Planbarkeit von Projekten war nicht mehr gegeben. In der Folge erstellte die Finanzverwaltung eine sogenannte Corona-Ampel, und erklärte auch, dass die Stadt haushaltstechnisch auf Sicht fahren müsse: „Grün“ deklarierte Projekte sollen plangemäß in 2020 umgesetzt und fortgeführt werden. „Gelb“ wurden Investitionen für Maßnahmen markiert, die noch nicht begonnen wurden und zeitlich noch steuer- und streckbar sind. „Rot“ zeigt die Möglichkeit einer inhaltlichen
Steuerung und mittelfristigen Verschiebbarkeit. Und die Buchstraße wurde zunächst auf „Rot“ gesetzt. Ende Juli 2020 wurde die Corona-Ampel wieder korrigiert: Die Sanierung der Buchstraße wanderte auf der Prioritätenliste wieder deutlich nach oben (gelb) und sollte zeitnah in Angriff genommen werden.
Bei der Einbringung des Haushaltsplans 2021 war die Sanierung der westlichen Buchstraße nicht mehr zu finden. „Sie wurde abgesetzt,“ erklärt dazu Rathaussprecher Markus Herrmann, „weil aus unserer Sicht die finanziellen Mittel im Haushalt nicht da sind.“ Es sei ein sehr eng gestrickter Haushalt, weshalb das Projekt geschoben worden sei. „Die zugesagten Fördergelder bekommen wir auch später noch, es geht nichts verloren“, betont Herrmann. Er stellt in Aussicht: „Wenn es der Haushalt hergibt, dann wird die Buchstraße auch wieder draufgestellt.“ Im Augenblick jedoch lautet die Stellungnahme der Stadt eindeutig: „Nachdem der städtische Eigenanteil vollständig über eine zusätzliche Kreditaufnahme finanziert werden müsste, ist aus Sicht der Verwaltung eine Finanzierung der Maßnahme in der Haushaltsund Finanzplanung 2021 bis 2024 nicht möglich.“
Heute ist es am Gemeinderat, darüber zu diskutieren und gegebenenfalls zu beschließen, dass die – abzüglich der Fördergelder – notwendigen rund 1,5 Millionen Euro für die Buchstraßen-Sanierung doch wieder in die kurz- oder mittelfristige Finanzplanung aufgenommen werden sollen. „Wir müssen das aber komplett über Kredite finanzieren,“ erklärt Markus Herrmann.
Diese Entscheidung liegt nun ebenfalls beim Gemeinderat, der die Haushaltshoheit innehat. Fraglich ist, ob der städtische Haushalt dann noch genehmigungsfähig ist, oder ob die Schuldenlast dann zu hoch wird. Alternativ muss das Gremium sich dann entschließen, andere Projekte zu verschieben oder abzusetzen.
Die Fraktionen von Grünen, SPD und Linken hatte dazu bereits jeweils den Antrag gestellt, die Buchstraße wieder aufzunehmen und noch im Jahr 2021 mit der
Sanierung zu beginnen. Die Freien Wähler Frauen hatten beantragt, mit dem Land eine Fristverlängerung zu vereinbaren, damit die Fördergelder – in Höhe von 4,3 Millionen Euro – nicht verfallen.
Gabriel Baum, Grünen-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, sagt dazu: „Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste ist, den Kreditrahmen erhöhen. Die zweite ist, eine andere Maßnahme aus der Corona Ampel zurückzustellen. Die Stadt hatte den Vorschlag mit der Corona-Ampel gemacht. Und das fordern wir jetzt ein.“
Für die Linke erklärt Fraktionsvorsitzender Sebastian Fritz: „Aufgrund der wegbrechenden Einnahmen durch Corona, sind wir der Auffassung, dass für die wichtige Zukunftsinvestition Buchstraßen-Sanierung eine höhere Schuldenaufnahme vertretbar ist. Nicht zuletzt auch deshalb, da dies die lokale Wirtschaft zusätzlich ankurbeln würde. Als zweite Maßnahme halten wir es für völlig vertretbar, die eingeplanten hohen Summen
für Flächenankauf um den städtischen Eigenanteil bei der Buchstraßen-Sanierung zu reduzieren. Nicht nur weil wir große Bedenken bei dem anhaltend hohen
Flächenverbrauch haben, sondern insbesondere deshalb, weil die Verwaltung
noch immer kein Gesamtkonzept für einen reduzierteren Umgang mit den Flächen vorgelegt hat. Außerdem setzt sich unsere Fraktion im Bundestag auch dieses Jahr wieder mit Nachdruck dafür ein, dass der Bund auch für die Kommunen für Kompensation sorgt.“
Für die SPD sagt die Fraktionsvorsitzende Sigrid Heusel: „Grundsätzlich ist es wichtig, das die Buchstraße in den Haushalt reingenommen wird. Es sind so viele Gespräche gelaufen, es gibt die Zusage für Zuschüsse und die Planung ist sehr weit fortgeschritten. Man sollte hier kreativ und mutig sein.“ In die Verschuldung von über 30 Millionen Euro seien noch keine möglichen Zuschüsse von Bund und Land berücksichtigt. „Wir
konnten im letzten Jahr 10,6 Millionen Euro dadurch zusätzlich veranschlagen.
Ich denke die Zuschüsse für die Kompensation der coronabedingten Einbußen,
werden auch dieses Jahr kommen.“ Deshalb sei sie dafür, zunächst die höhere
Verschuldung von 1,5 Millionen Euro einzuplanen. Und wenn das Regierungspräsidium den Haushalt so nicht genehmige, müsse neu diskutiert werden.
Karin Rauscher, Vorsitzende der Fraktion Freie Wähler Frauen, hebt hervor:
„Wir müssen als Gemeinderat natürlich den ganzen Haushalt im Blick haben. Und es gibt viele große Brocken. Doch die Buchstraße ist nun schon sehr lange ein Thema. Die fertigen Pläne liegen in der Schublade.“ Es sei wichtig, dass man die Sanierung nicht auf die lange Bank schiebt. Sie begrüße, so Rauscher, die Anträge der anderen Fraktionen diesbezüglich. Zumal die Sanierung der Straße auch eine Aufwertung für das Quartier
bedeute.
Auf die möglichen zusätzlichen Zuschüsse von Bund und Land hofft auch die CDU Fraktion. Allerdings, sagt der Fraktionsvorsitzende Alfred Baumhauer, sei die Buchstraße dringlich, aber nicht so, wie Investitionen in Bildung, Schulen und Kindergärten. „Wir sind grundsätzlich dafür die Buchstraße zu sanieren, aber aktuell gehen Bildungsinvestitionen
vor. Wenn es gelingt, die Zuschüsse auch später zu bekommen, und wenn vielleicht
auch noch weitere Zuschüsse von Bund und Land kommen, dann kann man die Buchstraße jederzeit wieder reinnehmen.“ Aber im Moment wisse niemand, was das Jahr noch bringt, so Baumhauer.
Die Sanierung der Buchstraße soll kommen – die Frage ist, wann sie kommen soll
Der FDP-Stadtrat Peter Vatheuer erklärt seine Sicht so: „Corona hat der Investitionsplanung der Stadt einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht! Obgleich das Sanierungsvorhaben Buchstraße bereits vom Gemeinderat beschlossen wurde, muss die Durchführung und Priorisierung neu bewertet werden – gerade wegen veränderter Finanzrahmenbedingungen aufgrund der CoronaPandemie. Unseres Erachtens gibt es momentan wichtigere Vorhaben, die vorrangig zu behandeln sind – gerade im Bereich
der Schulsanierung. Der Euro kann nun einmal nur einmal ausgegeben werden.
Daher muss das Vorhaben Sanierung Buchstraße etwas warten – aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“
Für die Bürgerliste bezieht deren Vorsitzender Lothar Dombrowski Stellung:
„Im Hinblick auf die sehr angespannte finanzielle Situation unserer Stadt hat sich der Gemeinderat entschlossen eine konsequente Priorisierung der anstehenden Aufgaben vorzunehmen. Wir halten diese Vorgehensweise für zwingend erforderlich. Da bedauerlicherweise weitere Fördermittel nicht zu realisieren sind, müssen wir deshalb die Sanierung der Buchstraße verschieben, was wir sehr bedauern, wofür wir andererseits auch um Verständnis bitten.“
Einen völlig anderen, deshalb aber nicht weniger ernstzunehmenden, Blick
auf die Sanierung der Buchstraße haben die Sprecher des Stadtteilforums der Oststadt, Reinhard Nessel und Thomas Schäfer. Nessel erinnert sich an den Beginn des
Jahrtausends, als vor 20 Jahren die ersten Ideen für eine Umgestaltung der Buchstraße heranreiften. Später gab es konkrete Planungen, die aus der Anwohnerschaft heraus erstellt wurden. Längst sehen diejenigen, die sich vor Ort für die
Sanierung und Gestaltung engagierten nicht nur eine verkehrstechnische Verbesserung darin, sondern eine Aufwertung und ein neues Selbstbewusstsein für das Quartier und damit auch eine Chance für die Bewohner, sich mit ihrer Oststadt und mit der Stadt zu identifizieren.“ Als Sprecher für die Oststadt berichten Schäfer und Nessel auch, dass sich nicht nur die Bewohner der Oststadt eine intakte Buchstraße wünschen, sondern „auch die Teilnehmer der Planungsgruppe Buchstraße, darunter die Unternehmer Matthias Daul, Harald Roob, Necdet Caknak, und weitere Firmen und Geschäfte wie Pizza Pavone, Änderungsschneiderei Dina Shima, Elektrotechnik Seitz, Kunstschlosserei Herbst, Prade Media und Schüle Druckguss unterstützen die Forderungen des Stadtteilforums nach
der Sanierung der Buchstraße.“
Copyright Rems Zeitung, 17.03.2021