Flächen sind wichtig aber Flächen sind auch endlich. Die Fläche von Schwäbisch Gmünd ist so groß, wie sie nun eben einmal ist. Die Frage ist daher: wofür verwenden wir diese Flächen? Da gibt es viele Interessen: Wohnen, Gewerbe, Verkehr, Landwirtschaft, alternative Energieerzeugung. Klar – alle diese Bereiche unseres Lebens brauchen Flächen. Eine Frage bleibt aber oft ausgespart bzw. bekommt nur eine (zu) geringe Priorität: wie viel Fläche braucht die Natur?
Die Naturflächen versorgen uns mit Sauerstoff, mit Wasser, mit Kühlung, mit Aufenthaltsqualität, mit Artenvielfalt, mit Wohlbehagen und Freizeitwert. Und Naturflächen speichern CO2, halten Starkregen zurück und reinigen die Umwelt von unseren Schadstoffen. Diese Funktionen sind für unser Leben absolut unabdingbar. Mehr und mehr spüren wir leidvoll am eigenen Leib, was es bedeutet, wenn die Natur diese Funktionen nicht mehr zu leisten imstande ist. Damit die Natur diese Funktionen auch weiterhin bzw. wieder für uns erfüllen kann, müssen wir ihr dafür Fläche lassen und wo immer möglich sogar zurückgeben. Und nicht irgendwelche Flächen sondern die richtigen in ausreichender Menge und v.a. auch an der richtigen Stelle.
Manche der oben genannten Funktionen lassen sich kombinieren. Z.B. passen Landwirtschaft und Kaltluftentstehung in der Regel ganz gut zusammen. Ebenso alternative Energieerzeugung und Regenrückhalt. Man findet – wenn man ein wenig nachdenkt – viele Beispiele solcher Funktionskombinationen. Aber es gibt auch Fälle, bei denen das nicht funktioniert: Wohnen, Gewerbe und Verkehr passen in aller Regel nicht zu Kaltluftentstehung oder Regenrückhalt. Und wenn man für diese Segmente auch noch großflächig Grünflächen in Stadtnähe und sogar den uns schützenden Grüngürtel um die Stadt opfert, dann wird es besonders schlimm bzw. sogar verantwortungslos. Daher sollten wir uns das Vorgehen hier in Schwäbisch Gmünd mal etwas genauer anschauen:
Dazu zunächst ein kurzer Rückblick auf die Entstehung des aktuell diskutierten Flächennutzungsplans (FNP): Der erste Vorentwurf zum FNP 2035 aus dem Mai 2021 umfasste Flächen im Umfang von 262 ha – entworfen freilich noch ohne Abgleich (insbes. mit dem Regionalplan), ob diese Flächen überhaupt möglich sind. Der „Vorschlag der Verwaltung“ beanspruchte noch 166 ha, nach Beratungen in den Ortschaftsräten wurden daraus 186 ha und jetzt nach frühzeitiger Beteiligung sind es 191 ha Fläche für Wohnen und Gewerbe geworden (d.h. es wurden nach der frühzeitigen Beteiligung ca. 15 ha herausgenommen, aber rund 21 ha neu eingestellt). Und diese verplanten Flächen sind aktuell zum überwiegenden Teil landwirtschaftlich genutzte Flächen, also solche, die uns neben Nahrungsmitteln z.B. auch Kaltluft und Regenrückhalt liefern.
Schon beim Vorentwurf zum FNP war klar, dass der geplante Flächenverbrauch in krassen Widerspruch steht zu der Koalitionsvereinbarung von GRÜNEN und CDU, wonach Gmünd bis zum Jahr 2035 maximal 43 ha Fläche in Anspruch nehmen dürfte. 191 ha sind deutlich mehr als das Vierfache! Das ist auch keine Reduktion im Hinblick auf den Flächenverbrauch der vergangenen Jahre. Unsere Stadt leistet so keinen Beitrag zum erklärten Ziel der Landesregierung, Flächen radikal zu sparen und von 2035 an keine zusätzliche Fläche mehr in Anspruch zu nehmen.
Aber es ist auch anders machbar:
- Durch intensive Nutzung der aktuellen Leerstände in der Stadt für Wohnen aber auch für innenstadtgeeignetes Gewerbe (Stichwort „wissensintensive Dienstleistungen“). Dazu ist ein fundamentaler Wandel in der Strategie der Gewerbeansiedlung in Gmünd notwendig.
- Durch eine bewusste Beschränkung des Anstiegs der Einwohnerzahlen: zusätzliche Einwohner brauchen zusätzliche Fläche und zusätzliche Infrastruktur (Straßen, Schulen, KiTa’s, öffentliche Verwaltung, …). Wenn man sich die Stadt und v.a. auch ihr Umland anschaut, kommt man leicht zur Erkenntnis, dass die derzeitige Größe von Gmünd eigentlich sehr passend ist. Größe allein macht eine Stadt weder attraktiv noch lebenswert! Dazu ist ein fundamentaler Wandel in der Stadtentwicklungspolitik notwendig.
- Durch absoluten Vorrang auf vorhandene Brachflächen (wie z.B. der Gleispark, die Brachen an der Lorcher Straße oder das TSB / UWE-Areal) und Innenraumverdichtung. Allerdings muss dabei den Menschen auch Raum zum Atmen und für den Aufenthalt im Freien bleiben. Dazu ist ein fundamentaler Wandel in der städtischen Baupolitik notwendig.
- Durch Erklärung der stadtnahen Grünflächen und des Grüngürtels zur absoluten Tabu-Zone für weiteren Flächenverbrauch durch eine entsprechende städtische Satzung. Man könnte sich den Grüngürtel auch hervorragend als Naherholungsgebiet für die Gmünder Bevölkerung vorstellen. Dazu ist ein fundamentaler Wandel in der Klima- und Umweltpolitik der Stadt notwendig.
- Durch ein neues Verkehrs- und Mobilitätskonzept für die Gmünder Innenstadt. Weniger Autos und weniger Parkraum, dafür mehr Rad- und Fußwege und v.a. ein kostengünstiger und kurz getakteter (alle 5 Minuten) ÖPNV mit kleinen Elektrobussen. Das schafft Freiflächen für Wohnen, Gewerbe, Kultur, Gastronomie, Parks und Lebensqualität in der Altstadt. Dazu ist ein fundamentaler Wandel in der städtischen Verkehrspolitik notwendig.
Fazit: Die aktuelle Flächenpolitik der Stadt Schwäbisch Gmünd bedroht nicht nur unsere Natur und unsere Landwirtschaft sondern auch unsere Lebensqualität, die Zukunft unserer Kinder und Enkel sowie die Freiheitsrechte künftiger Generationen. Diese Politik muss endlich gestoppt bzw. sogar umgekehrt werden.