„Man muss das Schulsystem ändern“
Diskussionsabend der Linken-Fraktion über Integration und Bildungsgerechtigkeit. Besonders im Blick: die Situation an der Grundschule Hardt.
Schwäbisch Gmünd
Die Anträge von Eltern auf Schulbezirksänderung stapeln sich bei mir, die Eltern ziehen die Änderung 2023 im Grunde ein Jahr vor“, sagt Bärbel Schlienz, die Rektorin der Grundschule auf dem Hardt, „das macht mir Bauchweh“.
Wie kann man gute Bildung für alle Kinder erreichen? Und das trotz der Tatsache, dass es manche Eltern vorziehen, ihre Kinder gezielt auf Schulen mit weniger Migrantenkindern zu schicken? Das war Thema bei einem Online-Diskussionsabend der Linken-Fraktion des Gmünder Gemeinderats.
Der Trend weg von der Schule auf dem Hardt macht dort die Arbeit schwieriger. „Das sind sehr nette Kinder, aber die Durchmischung fehlt“, sagt Marianne Anders, die dort unterrichtet. Wegen der Schulwechsel ist die Grundschule nur noch einzügig, die Klasse entsprechend groß: „Bei uns sind 26 Kinder in der Klasse gefühlt anders als in einem Vorort von Gmünd, weil wir den Kindern noch ganz andere Fähigkeiten beibringen müssen“, meinte Bärbel Schlienz. Auch sie wünsche sich mehr Durchmischung, „wo sich Kinder gegenseitig unterstützen“. „Wir wissen, wie es geht, aber wir machen es genau entgegengesetzt“, sagte Stadtrat Andreas Dionyssiotis.
Sebastian Fritz, der Fraktionsvorsitzende, zeigte die Entwicklung anhand von Zahlen, indem er Privatschulen und öffentliche Schulen in Gmünd gegenüberstellte. An den Privatschulen stiegen die Schülerzahlen in den letzten Jahren an. Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund nahm von 2012 bis 2020 leicht zu, stieg von zehn auf zwölf Prozent, an den öffentlichen Schulen im selben Zeitraum von rund 20 auf knapp 35 Prozent. Da muss etwas passieren, denn Kinder lernen von Kindern“, meinte Fritz. „Es muss diese Diskussion geführt werden, was mit den Privatschulen richtig ist“ – aber das seien natürlich Themen der Landespolitik.
Eben da müsse sich etwas ändern, meinte Süheyla Torun, eine Sprecherin des Gmünder Integrationsrats. „Wenn die Gesellschaft spaltet, in gute Schulen und schlechte Schulen, dann muss man das Schulsystem ändern. Es braucht kleinere Klassen, wir brauchen einfach mehr Lehrer.“ Da dürfe man „nicht am falschen Ende sparen“. Das sieht auch Bärbel Schlienz so: „Es gibt Bundesländer, da erfolgt die Lehrerzuweisung nach Migrantenanteil.“
Vom Schulträger, der Stadt Gmünd, komme Unterstützung, betonte Schlienz: „Es passiert viel, der Spielplatz wird gemacht, und wir haben zusagen von Christian Baron und Klaus Arnholdt, dass wir weiter Unterstützung bekommen.“ Und sie sei dankbar, „dass die Stadt uns mit Schulsozialarbeit unterstützt, derzeit sind es 75 Prozent, weitere 50 Prozent sind ausgeschrieben.“
Stadtrat Professor Andreas Benk fragte Rektorin Schlienz, ob es Kontakt zu den anderen Schulen gebe. Als katholischer Theologe schaue er auf die Christliche Soziallehre, „und da wären insbesondere die katholische Schulen besonders gefordert“ – sich etwa für Migrantenkinder einzusetzen. Sein Eindruck sei: „Es klappt nicht ganz.“ Das stimme, sagte Bärbel Schlienz, „es ist kein offizieller Austausch da. Es wäre sicher eine gute Idee, diesen Austausch in Schwung zu bringen.“
Und dann erzählte sie noch von einem Einzelfall: „Es hat in den letzten sieben Jahren einmal den Fall gegeben, dass die Franziskus-Grundschule angefragt hat, weil sie einen Schüler mit Migrationshintergrund aufnehmen wollte.“ Doch das habe sie ziemlich verärgert: „Weil sie sich den besten Schüler herausgepickt haben, den, der schon am besten Deutsch konnte.“
Copyright Gmünder Tagespost, 13.01.2022 Bernd Müller