Beim Ziel waren sich alle Gmünder Ratsfraktionen einig: Es soll mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Beim Weg dahin gab’s unterschiedliche Vorstellungen. Deshalb bat Oberbürgermeister Richard Arnold am Ende der Diskussion im Bauausschuss alle Stadträte, das Thema „ohne ideologische Scheuklappen“ in ihren Fraktionen zu diskutieren.
Die Verwaltung hatte das Ziel so formuliert: 15 Prozent der auf privaten oder städtischen Grundstücken neu erstellten Wohnungen müssen einen Mietzins haben, der mindestens 20 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, für Arnold ein „absolut essenzielles“ Vorhaben.Der Gemeinderat müsse diskutieren, was er mache: ob nur für Mietwohnungen oder auch für Eigentumswohnungen. Baubürgermeister Julius Mihm formuierte das Ziel so: „Impulse so in den Wohnungsmarkt geben, dass Menschen sich mit bezahlbarem Wohnraum versorgen können.“ Umsetzen sollen die Vorgaben, die Stadt und Gemeinderat schaffen werden, private Investoren oder Wohnungsbaugesellschaften wie die Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft VGW oder der Bauverein.
VGW-Chef Celestino Piazza nahm deshalb auch ausführlich Stellung zum Vorhaben. Er stellte dar, dass die VGW mit den 2256 Wohnungen in ihrem Bestand und den 4450 Wohnungen, die sie verwaltet, zu einem durchschnittlichen Mietzins von 5,76 Euro pro Quadratmeter kommt und damit bereits heute „gut unterwegs“ sei. Denn der aktuelle Mietspiegel liege bei 6,89 Euro pro Quadratmeter. „Wir bieten schon einen großen Anteil unserer 2256 Wohnungen zu einem günstigen Preis“, sagte der VGW-Geschäftsführer. Zudem erläuterte er, dass die VGW mit den 522 Wohneinheiten, die sie aktuell schafft, in 64 Wohnungen eine Miete zwischen 5,90 und 6,30 Euro pro Quadratmeter und in 233 Wohnungen eine Miete zwischen 7 und 9,50 Euro pro Quadratmeter habe.
Die Ratsfraktionen äußerten sich in einer ersten Stellungnahme. Elena Risel (CDU) warf die Frage auf, ob ein „direkter städtischer Zuschuss“ nicht besser sei als der in der Vorlage beschriebene Eingriff in den Markt. Sie schlug auch vor, über Erbbaurecht nachzudenken.
Ohne ideologische Scheuklappen diskutieren.
„Froh“ war Karl-Andreas Tickert (Bündnis 90 / Die Grünen), dass die Stadt ein Unternehmen wie die VGW habe, mit dem man Einfluss auf die Wohnpreise nehmen könne. Eine Erkenntnis aus der Ratsvorlage war für ihn, dass „selbst Menschen, die einigermaßen ordentlich verdienen, es nicht mehr schaffen, sich Eigentum zuzulegen“. Dies sei „ein Skandal“. Die Grünen regten deshalb an, dass nicht nur 15 Prozent der neu erstellten Wohnungen die um mindestens 20 Prozent günstigere Miete haben sollen, sondern 25 Prozent. Dies befürwortete auch Johannes Zengerle (SPD). Lange habe die SPD-Fraktion auf diese Vorlage gewartet. Auch Zengerle sah Erbbaurecht als weitere Möglichkeit. Ein „Herzensanliegen“ sei die Vorlage auch seiner Fraktion, sagte Prof. Dr. Andreas Benk (Die Linke). Was Piazza vorgestellt habe, sei beeindruckend. Benk kritisierte zunehmend ungleichere Einkommensverhältnisse im Land, die den sozialen Frieden gefährden würden. Er schloss sich der 25-Prozent-Forderung der Grünen und der SPD an.
Es bestehe Einigkeit über mehr bezahlbaren Wohnraum, sagte Ullrich Dombrowski (BL). Ob für 15 oder 25 Prozent der Wohnungen, sei aber nicht die grundlegende Frage. Die sei vielmehr, wie Investoren reagieren würden. „Machen sie dann einen Bogen um Gmünd“, fragte er. Den Versuch, in die private Wirtschaft einzugreifen, halte er für „höchst problematisch“.
Dombrowski habe den Finger in die Wunde gelegt, sagte dazu Arnold. Und: „Wir führen hier eine Diskussion, die auf Bundes- und Landesebene geführt werden müsste.“ Die Stadt führe sie, weil sie die Auswirkungen der Mietpreise konkret spüre. „Dies führt zur Spaltung der Gesellschaft und zu mehr Amerikanisierung“, sagte der OB und lud die Fraktionen ein, das Vorhaben bis Juli zu diskutieren – „ohne Denkverbote“.