„Schleusen für Ausverkauf der Natur geöffnet“
Aus der Rems Zeitung: Raumordnung: Die Naturschützer des NABU kritisieren die Verabschiedung des neuen Flächennutzungsplans für Gmünd und Waldstetten
durch den Gmünder Gemeinderat. Sehr enttäuscht von diesem Beschluss zeigt sich auch Bauernverbandsfunktionär Michael Weber.
SCHWÄBISCH GMÜND. „Das Gremium hat damit die Schleusen für einen Ausverkauf der Natur in unserer Heimatstadt geöffnet“, kommentierte Armin Dammenmiller, Orts- und Kreisvorsitzender des NABU, den aktuellen Beschluss im Gmünder Rathaus. Der Gemeinderat hatte in der vergangenen Woche mehrheitlich den Flächennutzungsplan beschlossen, der bis 2035 eine
Gesamtläche von gut 171 Hektar für Wohn- oder Gewerbebau reserviert. Oberbürgermeister Richard Arnold und Martin Bläse von der CDU hatten das Ergebnis als „Kompromiss“ gelobt, da
ursprünglich sogar 256 Hektar für eine mögliche Bebauung vorgesehen werden sollten. „Man muss eben nur hoch genug einsteigen, damit man letztlich das bekommt, was man will“, so Dammenmiller dazu. „Dann kann man es sogar noch als Kompromiss ausgeben.“ Der nun beschlossene Plan habe mit Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung nichts zu tun. Kritik am Beschluss für die Verwendung der Flächen im Bereich Schwäbisch Gmünd kam darüber hinaus von Schlatthof-Bauer Michael Weber im Namen der Landwirtschaft. Weber erinnerte im Gespräch mit
der Rems-Zeitung daran, dass man wenige Wochen vor der Abstimmung die Vertreter der Gmünder Gemeinderatsfraktionen zu einer Bauernversammlung eingeladen hatte. Vertreter von CDU, Grünen, SPD und söl hatten diese Einladung auch angenommen und bei der sehr gut besuchten Veranstaltung in der „Krone“ in Zimmern auch großes Verständnis dafür gezeigt, dass ein
sorgsamer Umgang mit Flächen aus Rücksicht auf die Landwirtschaft, aber auch im Hinblick auf Natur- und Klimaschutz geboten sei.
„Die Stellungnahmen der Fraktionen fielen sehr unterschiedlich aus. Zu unserer großen Verwunderung hat die CDU- Fraktion die Landwirtschaft in keiner Silbe erwähnt, handelt es sich doch bei den geplanten Flächen nahezu ausschließlich um landwirtschaftlich genutzte Flächen“, sagte Weber. Von den anderen Fraktionen seien die von der Landwirtschaft immer wieder aufgeführten Argumente zwar erwähnt, jedoch wie so oft in der Vergangenheit abgewogen worden. „Letztlich wurde gegen den Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen und der Natur gestimmt.“ Dies konnten auch die vielen Enthaltungen bei der Abstimmung nicht verhindern, so dass Weber die Enthaltungen de facto auch als Zustimmung wertet. „Das Ziel der Landesregierung, den Flächenverbrauch deutlich zu senken, ist wohl nur Wunschdenken“, kommentierte Weber das Abstimmungsergebnis, und auch Naturschützer Dammenmiller erinnerte daran, dass das Land Baden-Württemberg eigentlich schon seit Anfang des Jahrtausends das Ziel verfolge, den zusätzlichen Flächenbedarf langfristig auf Null zu senken. „Mit Entscheidungen wie dieser werden das natürlich Sonntagsreden bleiben.“ Falls der Rahmen des Flächennutzungsplans auch nur annähernd ausgeschöpft werde, würden Stadtklima, Grundwasserneubildung und Biotopstruktur darunter leiden, verwies der NABU-Chef auf die Konsequenzen. „Schon beim augenblicklichen Zustand zeichnet sich ab, dass eine vernünftige Biotopvernetzung nach den Vorgaben des Landes im Stadtgebiet kaum noch möglich ist.“ Nicht nachvollziehbar sei, dass bei der Erstellung des Flächennutzungsplans Vorgaben des Regionalplans nicht berücksichtigt worden seien.
Der NABU stellt sich damit an die Seite des Bezirksbauernverbandes, der die Ratsentscheidung wegen des zu erwartenden Verlusts an landwirtschaftlicher Fläche sehr kritisch kommentiert hatte. „Ackerboden, sprich die Humusschicht, ist schnell zerstört, braucht aber Jahrtausende, bis er sich wieder bildet“, sagt auch Dammenmiller.
Der Flächennutzungsplan (FNP) ist das städtebauliche Entwicklungsprogramm der Gemeinde gem. §§ 5 bis 7 und 13 BauGB. Im FNP ist für das ganze Gemeindegebiet die beabsichtigte städtebaulichen Entwicklung und die sich daraus ergebende Art der Bodennutzung darzustellen.
Copyright Rems Zeitung, 16.02.2024