Stadt neu denken
Themenabend der Linken mit Vertretern des Gmünder Einzelhandels. Kritik an Amazon-Ansiedlung bleibt bestehen. Einzelhandel muss sich den Herausforderungen stellen. Kreativität und ganzheitlicher Ansatz sind gefragt.
Neben den beiden HGV-Vorständen, Martin Röttele und Andreas Schoell, diskutierte Christoph Markowetz von den Seitengässlern mit dem Fraktionsvorsitzenden der Linken Sebastian Fritz und seinem Stellvertreter Alexander Relea-Linder im Bunten Hund über den Einzelhandel, Amazon und den interfraktionellen Antrag der Lebenswerten Altstadt. Die Einzelhändler berichteten von einer schwierigen Zeit während Corona. Der Umsatz sei zum Teil bis zu 50 Prozent eingebrochen und noch heute hinke man deutlich dem guten Jahr 2019 hinterher. Die Umstellung auf einen Onlinehandel während dieser Zeit hätten sich nur wenige getraut und erste Erfahrungen damit zeigten, dass diese Umstellung sehr aufwendig und insbesondere für kleine Einzelhändler schwer zu stemmen sei. Oftmals fehlen auch noch die digitalen Kenntnisse, um einen guten Auftritt abbilden zu können. Dennoch sei klar, dass man sich dieser Herausforderung stellen müsse, denn die Kunden würden dieses immer stärker nachfragen.
Der Fraktionsvorsitzende Sebastian Fritz lobte in diesem Zusammenhang, dass es einige Bestrebungen gab und gibt, hier schnell Abhilfe zu schaffen. Allerdings bedauerte er, dass die Vielfalt der Einzelhandelsgeschäfte und die Gastronomie nicht gebündelt auf einer Onlineplattform zu finden seien. Viele der Anwesenden teilten diese Meinung und sahen in Wortbeiträgen die Stadt in der Pflicht, neben einem einheitlichen, gebündelten Onlineauftritt auch z.B. einen zentral organisierten Lieferdienst zu verknüpfen. Hierbei fiel auch der Vorschlag einer Gmünd Card. Damit sei gemeint, dass man bei jedem Einkauf im regionalen Einzelhandel Punkte auf die Karte gutgeschrieben bekommt um dann ab einer bestimmten Anzahl an Punkten z.B. einen Tag kostenlos mit dem Bus fahren zu können oder einen Eintritt ins Schießtal-Freibad zu erhalten. Ebenfalls vorgeschlagen wurde eine App fürs Handy, die mit der zentralen Online-Plattform verknüpft würde, um dann durch Eingabe von Suchbegriffen schnell mögliche Einzelhändler vor Ort mit den entsprechenden Produkten zu finden. Wenn dann eine Online-Bestellmöglichkeit hinterlegt sei, wäre dies ein großer Schritt und würde sicherlich auch von der jüngeren Generation gut angenommen. Alexander Relea-Linder stellte heraus, dass es sehr schwierig sei, gegen den Onlineriesen Amazon zu bestehen und es deshalb auch mit logistischer Unterstützung der Stadtverwaltung nötig sei, den Einzelhändlern hierbei unter die Arme zu greifen und nicht mit einer Ansiedlung im direkten Geschäftsumfeld noch zusätzlich Konkurrenz zu machen. Die Einzelhändler und die Gastronomen seien mehr als nur Arbeitgeber und Versorger mit Waren, sie würden auch maßgeblich das Gesicht der Stadt prägen und anders als der weltweit agierende Konzern Amazon zum Gewerbesteueraufkommen der Stadt beitragen.
Der Fraktionsvorsitzende Sebastian Fritz erläuterte dann zum Schluss den interfraktionellen Antrag der Lebenswerten Altstadt. Hierbei betonte er nochmals deutlich, dass es um mehr gehe, als nur um die Frage einer autofreien Altstadt. Vielmehr gehe es darum, mit neuen Ansätzen der Mobilität und mit einer Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch ungestörtes Flanieren und mehr Grün noch mehr Kunden- und Besucherfrequenz in die Stadt zu bekommen. In diesem Zusammenhang betonte er erneut, dass es neben den verbesserten Rahmenbedingungen für den Einzelhandel auch um eine Aufwertung des Wohnstandortes in der Altstadt gehe, was wiederum ebenfalls dem Ziel, mehr Frequenz in die Stadt zu bekommen, hilfreich sei. Die Vertreter des Einzelhandels stimmten zu, dass dies interessante Ansätze seien und man sich offen gegenüber der Diskussion über Veränderungen zeigen müsse. Wichtig aus Sicht des HGV zur Besucherfrequenz ist es, dass die Erreichbarkeit der Parkhäuser und bestimmter Bereiche der Innenstadt mit dem KFZ erhalten bleiben muss. Sebastian Fritz machte nochmals die Haltung der Linken-Fraktion deutlich, indem er betonte, dass die aktuellen Herausforderungen durchaus auch als Chance gesehen werden könnten, die Weichen für eine Stadt und ihre Akteure neu zu stellen und dabei einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, der auch keine Denkverbote beinhalte.