Stellungnahme der söl-Fraktion zum Feststellungsbeschluss des Flächennutzungsplans (FNP 2035)
Stellungnahme der söl-Fraktion zum Feststellungsbeschluss des Flächennutzungsplans (FNP 2035) zur Sitzung des Klima-, Umwelt-, Energie- und Bauausschusses am 13.11.2024 und des Gemeinderats am 20.11.2024
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Ein kurzer Rückblick: Der erste Vorentwurf zum FNP 2035 (Mai 2021) umfasste Flächen im Umfang von 262 ha – entworfen freilich noch ohne Abgleich (insbes. mit dem Regionalplan), ob diese Flächen überhaupt möglich sind. Der „Vorschlag der Verwaltung“ beanspruchte noch 166 ha, nach Beratungen in den Ortschaftsräten wurden daraus 186 ha, nach frühzeitiger Beteiligung wurden es 191 ha Fläche für Wohnen und Gewerbe, jetzt sind es laut Vorlage (Anlage 6) 155 ha für Wohnen und Bauen (ohne PV). Das erscheint zunächst als deutliche Beschränkung.
Doch schon beim Vorentwurf des FNP hatten wir darauf verwiesen, dass der geplante Flächenverbrauch in krassen Widerspruch steht zu der Koalitionsvereinbarung von GRÜNEN und CDU, wonach Gmünd bis zum Jahr 2035 maximal 43 ha Fläche in Anspruch nehmen dürfte. 155 ha wären noch immer mehr als das Dreieinhalbfache! Das wäre auch keine Reduktion im Hinblick auf den Flächenverbrauch der vergangenen Jahre. Unsere Stadt leistet so keinen Beitrag zum erklärten Ziel der Landesregierung, Flächen radikal zu sparen und von 2035 an keine zusätzliche Fläche mehr in Anspruch zu nehmen.
Doch auch die angeblich 155 ha sind zu hinterfragen. Tatsächliche Reduktionen resultieren nicht aus der Einsicht der Verwaltung in den notwendigen sparsamen Flächenverbrauch, sondern fast ausschließlich zwingenden rechtlichen Hindernissen, auf die der Regionalverbund und das Regierungspräsidium aufmerksam gemacht haben. Dazu zählen insbesondere auch Zielkonflikte mit dem in Kürze wirksamen Regionalplan 2035, die eine Genehmigung des FNP verhindert hätten. Um diese Hindernisse zu umgehen, werden jetzt Flächen als „weiße Flächen“ ausgewiesen (Strutfeld 3. Erweiterung; Aspen Ost) bzw. Flächen werden aus dem FNP nur vorläufig herausgenommen – d.h. es sind schon jetzt Änderungen des noch nicht beschlossenen FNP 2035 eingeplant, die zusätzlich Fläche benötigen. So tauchen die Erweiterung „Kläranlage Zollerwiesen“ mit 4,2 ha und „Am Gaskessel/Möbelhaus“ mit 5,0 ha in der genannten Gesamtfläche von 155 ha gar nicht mehr auf. Dies wäre nur dann redlich, wenn die Stadtverwaltung die damit verbundenen Projekte aufgegeben hätte, was unseres Wissens nicht der Fall ist. Auch wird das Gebiet Aspen West (BgSO) „nur“ mit 29,3 ha aufgeführt, obwohl das Plangebiet 40 bzw. 42 ha umfasst (die Vorlage ist diesbezüglich nicht einheitlich). Unklar bleibt damit auch, ob bei den anderen Flächenangaben jeweils das gesamte Plangebiet berechnet ist.
Insgesamt schließen wir uns bezüglich des Umfangs der geplanten Flächen der kritischen Einschätzung des Landratsamtes, Sachgebiet Naturschutz, an: „Die geplanten Bauflächen für Schwäbisch Gmünd wurden in sehr geringem Maße zurückgenommen und der Flächenverbrauch geringfügig reduziert, in der Summe sollen jedoch noch immer eine Vielzahl von Bauflächen in erheblichem Umfang geplant werden. Vor diesem Hintergrund wird nochmals dringend angeregt, das Bauflächenkonzept einer kritischen Prüfung zu unterziehen bzw. auf Flächen zu verzichten.“ (Anlage 4.1, S. 7; bei der Gemeinde Waldstetten sei hingegen „die Tendenz zum Flächensparen […] deutlich erkennbar.“)
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Bedarfsplanung der Stadtverwaltung. Begrüßenswert ist zunächst, dass die Stadtverwaltung ihre ursprüngliche Bedarfsberechnung nach unten korrigiert hat (bei Wohnraum von 119,6 auf 86,5 ha [vgl. Begründung S. 50,]). Aber unverändert ist in der Vorlage von dem Projekt „H2-Aspen – Greater Stuttgart“ [Begründung, S. 27] die Rede und von „über 2000 Arbeitsplätzen“ die dort geschaffen würden. Unrealistisch ist auch die Abschätzung des Pendlersaldos, die ab jetzt konstant bleiben soll (das Pendlersldo ist von 2015 bis 2022 kontinuierlich von 7.000 auf 4666 gefallen [vgl. Begründung, S. 48]). Unlogisch ist auch, warum zwar 10% der Einpendler nach Gmünd ziehen sollen, aber warum Entsprechendes nicht auch für die Auspendler gelten soll, die entsprechend Gmünd verlassen würden. Selbst der Regionalverband kommt in seiner Berechnung dazu, dass der FNP in der vorgelegten Fassung bezüglich der Neuausweisungen den Nettobedarf für Wohnen um 9,4 ha und für Gewerbe um 11 ha überschreitet [vgl. Anlage 4.3, S. 2-4].
Die jetzt vorgelegte Fassung des FNP wurde aufgrund rechtlicher Vorgaben angepasst, aber sie ist kein „Kompromiss“, der die Kritik unsere Fraktion aufgreift. Leider war der FNP auch kein Gegenstand im Jugendgemeinderat, obwohl dabei über Flächen verhandelt wird, die dann der nächsten Generation nicht mehr zur Verfügung stehen.
Aus vielen Gründen ist es notwendig, weitere Flächenversiegelung einzudämmen: Natur- und Klimaschutz, Klimaanpassung, Artenschutz, Bewahrung des Landschaftsbildes usw. – das ist ja alles bekannt.
Wir haben einen Bedarf an Gewerbeflächen, und auch an Wohnraum, v. a. an bezahlbarem Wohnraum. Aber ein Aspekt, der in Gmünd im Rahmen der Abwägungen regelmäßig hintangestellt wird, ist die landwirtschaftliche Sicht auf den Umgang mit unseren Flächen: Dabei ist allen klar, wie wichtig regionale Versorgung ist, dass die wenigen verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe unsere Unterstützung benötigen und dass in den vergangenen Jahren v.a. landwirtschaftliche Fläche verloren ging. Diese Entwicklung soll nach dem Entwurf nicht nur ungebremst, sondern sogar beschleunigt fortgesetzt werden:
Mit der Fortschreibung des FNP würden durch Gewerbe-, Wohn und Freiflächen-PV-Bebauung insgesamt rund ca. 245 ha (!) landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden (Abwägungsprotokoll S. 6). Hinzu kommen noch landwirtschaftliche Flächen, die durch Ausgleichmaßnahmen verloren gehen werden, die aber in der Vorlage nicht beziffert werden.
So ruinieren wir auf Dauer landwirtschaftliche Betriebe, erhöhen den Druck die verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen noch intensiver und d.h. weniger umweltfreundlich zu nutzen und wir schmälern weiter den Anteil an regionaler Lebensmittelversorgung. Das ist nicht zu verantworten. Es würde auch anders gehen.
In vorliegender Form bedroht der FNP 2035 nicht nur unsere Natur und Landwirtschaft, sondern auch unsere Lebensqualität. Wir können darum diesem Entwurf nicht zustimmen.