Streitpunkt im Gmünder Gemeinderat: Wie ökologisch ist Aspen noch?
Zerbricht die Einigkeit im Gemeinderat beim „Nachhaltigen Technologiepark Aspen“? Es gibt einen Entwurf für einen Bebauungsplan – und Zweifel von Stadträten, ob das Etikett noch stimmt.
Schwäbisch Gmünd. War der Technologiepark Aspen ein Traum, der ausgeträumt ist? „Die ursprüngliche Idee vom Wasserstoffcluster hat sich aus unserer Sicht zerschlagen“, meint Sebastian Fritz, Fraktionsvorsitzender der söl-Fraktion im Gemeinderat.
Im Bau- und Umweltausschuss des Rats ging es am Mittwoch um ein 23-Seiten-Dokument: den Entwurf eines Bebauungsplans für Aspen.
Die Verwaltung sieht in dem Plan, sofern er beschlossen wird, einen großen Schritt nach vorne: „Eine Vermarktung gelingt besser, wenn wir dort Baurecht haben. Dann wird es spannend für Firmen“, sagt Oberbürgermeister Richard Arnold. Endgültig beschließen wird der Gemeinderat am kommenden Mittwoch, 21. November.
Dann könnte an dem Entwurf die bisherige Einigkeit unter den Stadträten zerbrechen – 2021 hatten noch alle Fraktionen für die Aufstellung eines solchen Plans gestimmt. Sebastian Fritz hält den ursprünglichen Titel für irreführend angesichts der aktuellen Pläne: „Der Begriff nachhaltiger Technologiepark ist nicht mehr zutreffend.“ Inzwischen sei klar, „dass der Bedarf an erneuerbarer Energie für eine umfassende nachhaltige Produktion dort nicht vorhanden sein dürfte“.
Keine Sex-Dienstleistungen erlaubt
Es war zuallererst eine lange Liste, die die Kritik der söl und auch der Grünen hervorrief: Die Aufzählung möglicher Branchen, die sich dort ansiedeln könnten. Explizit ausgeschlossen ist in der Liste nur wenig: Einzelhandel, Tankstellen mit herkömmlichem Kraftstoff, Vergnügungsstätten und „Gewerbebetriebe, die auf Darbietungen und Handlungen mit sexuellem Inhalt ausgerichtet sind“. Möglich sind dagegen etwa Betriebe aus der Pharmazie, für Satelliten- und Radartechnik, Firmen für Cloud- oder KI-Technologie oder Hersteller von Motoren oder Turbinen, sofern sie „effizienzsteigernde Komponenten innovativer und klimaschützender Technologien“ sind.
Ausschluss von Technik für Verbrennungsmotoren?
Stadtrat Karl Miller (Grüne) kritisiert die Auswahl, insbesondere, dass auch so genannte E-Fuels dort ausdrücklich als mögliche Grundlage von Technologie erwähnt sind. „Diese Kraftstoffe haben nachweislich eine Energieeffizienz von nur 13 Prozent im Vergleich zu 70 Prozent bei der Elektromobilität“, so Miller. „Ich schlage vor, die Definition zu ergänzen durch den Ausschluss von Verbrennungsmotoren und den Bezug zur erneuerbarer Energie“. Sonst könne er eine Zustimmung seiner Fraktion „nicht in Aussicht stellen“.
Die söl tendiert zum Nein: „Unsere Fraktion hat noch nicht endgültig entschieden, wir werden aber vermutlich dem Bebauungsplan nicht zustimmen“, sagt Sebastian Fritz. Für das, was nun aus der ursprünglich geplanten Nachhaltigkeit geworden sei, dafür sei das Opfer an Natur im Aspen-Feld nicht gerechtfertigt, so Fritz’ Argumentation.
„Wir sollten uns alles anhören“
Die anderen Fraktionen und Gruppierungen im Rat sehen es anders: „Die Liste von möglichen Ansiedlungen ist sehr offen gehalten, gefühlt ist fast alles möglich“, meint Martin Bläse von der CDU. Dennoch wolle er keine Einschränkung: „Wir sollten uns alles anhören und nichts ausschließen. Für uns ist es wichtig, dass der Gemeinderat am Ende jede Ansiedlung beschließt.“
Auch Andreas Wörner von der AfD sieht den Bebauungsplan positiv: „Es ist ein attraktives Angebot, das die Stadt dort macht, insofern könnte das ansiedlungswillige Firmen durchaus interessieren.“
„Ich sehe es wie einen Marathon“
Auch Peter Vatheuer (FDP) plädiert dafür, die Planung für Aspen weiter zu betreiben: „Wir können nicht erwarten, dass Firmen sofort klimaneutral produzieren, das wird sich entwickeln. Ziel muss die Klimaneutralität sein, und zwar technologieoffen. Da ist schließlich auch eine Entwicklung im Gang.“
Und Martin Bläse fügt noch hinzu: „Natürlich sind wir mit dem Thema Wasserstoff gestartet. Aber zu sagen, jetzt kommt kein Wasserstoff und dann ist das Projekt gescheitert, das ist einfach nicht richtig.“ Er warne vor zu großen Einschränkungen. „Wir können ja jeden Fall einzeln entscheiden.“
Wovor Bläse auch warnt: zu schnellen Erwartungen. „Ich gehe davon aus, dass wir dort eine Ansiedlung bekommen. Aber das wird nicht morgen sein und auch nicht übermorgen. Ich sehe es wie einen Marathon, bei dem wir durchhalten müssen.“
Weniger Hochwassergefahr durch Baugebiet
Für Zimmern, wohin das Regenwasser aus dem Aspen-Feld abläuft, sieht der Plan durch den Bau von Rückhalteflächen eine Minderung der Hochwasserrisiken vor. Statt bisher erwartbarer 1268 Liter pro Sekunde bei einem 100-jährigen Hochwasser wären es nach dem Ausbau nur noch 280 Liter pro Sekunde.
Copyright Gmünder Tagespost, 14.11.2024